Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum)
Adi Hütter und Borussia Mönchengladbach sind in dieser Kombination Geschichte (Kommentar von Möppi hier)
Nun gilt der Blick nach vorne:
Wer könnte folgen?
Die Borussia muss back to the roots. Eine Philosophie verfolgen, die gegen den Ball weiterhin aktiv bleibt, aber angepasst wird und vor allem im Spiel mit Ball eine Idee verfolgt, die diesem Ballbesitzteam gerecht wird.
Ein Trainer, der mittelfristig Teams entwickeln und eine Handschrift verleihen kann.
Sportdirektor und Geschäftsführer Roland Virkus bestätigte in einem Sport1-Interview, dass diese Mannschaft Fußball spielt, dazu den Ballbesitz benötigt:
Die Kunst, aus wenig viel zu machen – Daniel Farke, eine Analyse
Eine Analyse von Deniz (@BorussiaExpl)

Bild: @BMG.Edits
Daniel Farke (45) begann seine Karriere nach dem Fußball beim SV Lippstadt 08, in der er auch die Rolle des Sportdirektors erfüllte. Nach 6 Jahren zog es ihn zur U23 des BVB, als er auf den entlassenen Trainer David Wagner folgte. Dort blieb Farke 20 Monate im Amt und holte einen Punkteschnitt von 1,93.
Auf seine erfolgreiche Zeit in Dortmund wurde der Zweitligist in England – Norwich City – auf den 45-Jährigen aufmerksam und verpflichtete diesen.
Der in Steinhausen geborene Deutsche war dort insgesamt 4 Jahre und 4 Monate tätig. Stieg insgesamt zwei Mal auf und dabei einmal ab.
Deutlich wird, dass Norwich City mit weniger finanziellen Mitteln als deren Konkurrenten agierte.
Als Farke in seiner zweiten Saison in England Erster wurde und somit den Aufstieg in die erste Liga fix machte, agierte man dort „nur“ mit dem achtteuersten Kaderwert – 86,3 Mio. € (Quelle: Transfermarkt.de).
Vor dieser benannten Saison , verkaufte man Maddison für 25 Mio. € zu Leicester City und ersetzte diesen durch Boundia für 1,5 Mio. € (heute bei Aston Villa – für 35 Mio. € Ablöse).
Transferüberschüsse waren für Norwich City – aufgrund ihrer Vergangenheit, in der sie finanziell nicht gut lebten – wichtig. So erzielten Farke und Co. oft immense Transferüberschüsse, ohne dabei die sportliche Entwicklung zu stagnieren.
Saison 17/18 | 18,5 Mio. € Transferüberschuss |
Saison 18/19 (Aufstieg) | 32,1 Mio. € Transferüberschuss |
Saison 19/20 (Premier League) | – 6,6 Mio. € Transferminus |
Saison 20/21 (Aufstieg, nach Abstieg) | 30,7 Mio. € Transferüberschuss |
Saison 21/22 (Premier League, Entlassungsjahr) | – 25,6 Mio. € Transferminus |
= Transferüberschuss insgesamt | 49,1 Mio. € |
Diese Komponente, dass man aus „wenig“, „viel“ macht, wäre für Borussia Mönchengladbach keine unwichtige. Denn: Die Finanzen geben die Richtung und Zukunft vor am Niederrhein. Es ist bekannt, dass nicht sonderlich viel möglich ist, und ein nötiger Umbruch zur Saison 22/23 folgen muss und wird.
Kurios, dass genau in diesem Jahr die Zusammenarbeit mit Farke und Norwich beendet werden musste, weil der sportliche Erfolg in der Premier League ausblieb (Ein Sieg – in 11 Spielen).
Der Druck bei „The Canaries“ wurde größer, weil man erstmals richtig Geld in die Hand nahm. Daran zerbrach die Arbeit.
Sportlich,- taktische Analyse in der Offensive: Daniel Farke
Mit Norwich City ließ Daniel Farke überwiegend im 4-2-3-1 agieren. Die 3er-, respektive 5er-Kette kam dabei weniger zum Vorschein, war aber auch kein unbeschriebenes Blatt.
Die zweite Hauptformation, neben dem 4-2-3-1, war die 4-3-3 / 4-1-4-1 gegen den Ball.
Daniel Farke steht für offensiven Fußball. In seiner ersten Aufstiegssaion 18/19, hatte sein Team 93 Tore in 48 Spielen erzielt und dabei durchschnittlich 58,1% Ballbesitz pro Partie.
Dass Farke einen großen Wert auf eine attraktive Ballbesitzstruktur legt, wird deutlich, wenn man sich die Ballbesitzwerte in der Premier League-Saison 19/20 beobachtet:
Trotz dessen, dass man den Kader zur Vorsaison nicht weiter verstärken konnte (zweitniedrigster Kaderwert aller englischen Erstligisten), hatte der Aufsteiger durchschnittlich 49,4% Ballbesitz (8. Platz in der Ballbesitz-Rangfolge).
Das Spiel mit Ball – der Spielaufbau
Daniel Farke wählt einen spielerischen Ansatz, in denen er bemüht ist, von hinten heraus Fußball spielen zu lassen.
Dabei lassen sich klare Muster verfolgen.
Aus mehreren Szenen der laufenden, sowie der vergangenen Saison lässt sich beobachten, dass der ballbesitzorientierte Trainer aus einer flachen 4er-Kette aufbauen lässt.
Je nach Situation, bilden die zwei Innenverteidiger mit dem Keeper eine 3er-Kette. Der Torwart muss im Farke System dementsprechend Qualitäten am Ball haben, die z. B. Yann Sommer bereits bewiesen hat.
Durch den zusätzlichen „Feldspieler“, benötigt der Gegner im Pressing einen zentralen Spieler mehr, als üblich. Läuft beispielsweise der rechte Stürmer in Rot den Keeper an, ist ein Zuspiel direkt zum danebenstehenden Innenverteidiger möglich.
Im folgenden Beispiel gelingt dem Keeper eine Verlagerung auf den Linksverteidiger. Im 4-3-3 bindet der linke Flügelspieler den gegnerischen Rechtsverteidiger.

Zentrale Bereiche sind im dessen Aufbauspiel wichtig, die er durch personelle Überladungen ausdrückt.
So ließ Williams den Ball auf den 6er McLean klatschen. Für den nominellen rechten Flügelspieler – Dowell, dessen Spielerprofil eher einem 10er nahe kommt, bedeutet dies, dass er ins Zentrum rückt und seinen nominellen Gegenspieler (Linksverteidiger) mit zieht. Für den ballfernen Rechtsverteidiger öffnet sich der vertikale Freiraum, der im Farke System besetzt werden soll. Für Lainer eine entsprechende Rolle, die er auch bereits unter Ex-Trainer Marco Rose spielte.

Dowell löst sich von der letzten Linie und will für die Spielübertragung sorgen. Schnittstellen, die durch die 8ter geöffnet werden, nutzt der 10er.

Der Ball, die Spieler und somit auch die Gegner, sind ständig in Bewegung. So läuft Tzolis im Moment des Ballkontakts von Dowell, diagonal in die Tiefe, zieht seinen Gegenspieler mit sich. Für Linksverteidiger Williams auch hier der vertikale Freiraum.

Festzuhaltende Punkte sind damit also:
- Flache 4er-Kette, die sich zu einer 5er-Kette bilden können, wenn der Keeper mitspielt, oder ein 6er sich fallen lässt.
- Zentraler Spielmacher/ 6er, der die Kette unterstützt und meist der Zielspieler im Aufbau ist.
- Zentrumsüberladungen
- Überlaufende Außenverteidiger
- Tiefenläufe in letzter Linie
Auch gegen Gegner, die vor allem ballnah extrem verschieben, versucht Farke weiterhin am Stil festzuhalten.
Ballnahe Überladungen des Gegners, bedeuten ballferne Räume fürs Team.
So schob der Coach seine beiden 8ter im 4-3-3 hoch und in eine Linie mit den Flügelspielern.
Diese agierten in den Halbräumen, um stets den offenen Raum für die überlaufenden Außenverteidigern zu ermöglichen.
Der ballführende Innenverteidiger spielte Rashica an, der sich behauptete und eine Seitenverlagerung (dort 2-gegen-1 Überzahl) spielen konnte.

Wie vorhin beschrieben:
Spieler befinden sich stets in Bewegung, um neue Anspielstationen zu kreieren. So machen beide 8ter diagonale Tiefenwege, sowie der vertikale Lauf des Rechtsverteidigers.
So war theoretisch der tiefe Ball hinter die Kette möglich, oder auch der diagonale zum Rechtsverteidiger, um über den Flügel zu attackieren.

Neben den hochanlaufenden und physischen Gegner, beweist Farke auch gegen tiefstehende Ideen, die sich durch Positionsrochaden beobachten lassen, die ihren Sinn und Zweck erfüllen.
Während Bournemouth (Eingangsbeispiel in rot) erst hoch anlief, stellten sie im Laufe des Spiels um.
Gegen ein kompaktes und mitteltiefes 5-3-2 des Gegners, agierte Farke mit einem 2-4-4 mit asymmetrischen 8tern.
Während der linke 8ter seine Höhe hielt, kippte der rechte 8er etwas ab und zog in die Breite.
Dies hatte den Zweck, die zweite Linie des Gegners, die mit drei 6ern gefüllt war, auseinander zu ziehen.
So orientierte sich der linke 8ter des Gegners breiter, was für den zentralen Probleme bereitet, weil er das Bindeglied beider äußeren 8ter ist. Die Schnittstellen werden zu groß, sodass dort der 10er frei gespielt werden konnte.
Die letzte Linie besetzte Farke auch hier mit beiden Außenverteidigern, die durch zwei weitere in der letzten Linie unterstützt wurden. Somit zog der 45-Jährige auch den gegnerischen Innenverteidigern den Zahn, um aus der Kette schießen zu können und gegen Norwichs 10er Balldruck zu erzeugen.

Daniel Farke überladet gerne zentrale Bereiche, vor allem aber, weil der Kader technisch starke Spieler in der Offensive hergab, die technische und spielstarke Qualitäten hatten.
Die nötige Breite gaben die beiden Außenverteidiger.
So auch in der nächsten Beispielszene:
Der LV schiebt hoch, sodass der LF in den Halbraum einrückt, sowie auch der ballferne RF ins Zentrum. Zusammen mit dem Zehner also 4 Spieler, die in den Zwischenlinien Breite und Zentrum besetzten.

Kommt die Dynamik im Angriffsspiel entstehen grundsätzliche Dinge im Farke Offensivspiel:
– gegenläufige Bewegungen,
– tiefe, vertikale und diagonale Laufwege
– schnelles horizontales Passspiel.

Während der Zehner auf die Außen verlagert, rückt der RF mehr ins Zentrum ein, um kurze Passwege beizubehalten.

Im letzten Drittel angekommen, so starten dann tiefe, vertikale Laufwege.
So besetzen drei Spieler die Box, während man auf der linken Außenbahn + dem 10er im linken Halbfeld drei weitere Spieler verfügt.
Das stärkt den Ballbesitzfokus, verpennt aber nicht den Moment der Gefahr in der Tiefe.

Wie eben genannt, ist vor allem das horizontale Passspiel schnell und flüssig.
Das vertikale Spiel wird nicht vernachlässigt, sondern dann forciert, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der vertikale Passempfänger den Ball erhält, so hoch wie möglich ist. Die Elf von Daniel Farke bereitet den tiefen Pass vor, trifft zunächst alle Maßnahmen und Sicherungen vor und löst durch technisch starke Fähigkeiten auch engere, vertikale Räume.

Fazit: Technisch starker Fußball, der zu den Fohlen passen würde – wie Favres Spiel
In diesem Abschnitt ging es bewusst, neben dem Trainerprofil Daniel Farke, auch um technisch-taktische Abläufe mit Ball.
Wie final Tore geschossen werden, wie das Konterspiel, die Defensivarbeit inkl. Anlaufverhalten, Pressing und Gegenpressing, funktionieren, erfolgen in weiteren Abschnitten, sobald Daniel Farke tatsächlich den Weg an den Niederrhein findet.
Grundsätzlich lässt sich sagen:
Das Offensivspiel – welches technisch starke Fähigkeiten erfordert, die Geduld im Ballbesitz, sowie die Pressingresistenz – passt zur Basis der Vereinsphilosophie, wie zum Kader.
Das Lucien Favre ebenso die beschrieben Attribute für dessen Spiel erfordert, sollte jedem klar sein. Auch, weil mit ihm die defensive Stabilität quasi versprochen ist, so ist der Schweizer ein logischer Kandidat.
Die Richtung, die bei der Trainerwahl vorgegeben wird: Ballbesitz, Attraktivität (sieht jede(r) anders, aber im Borussia-Stil der angesprochene Ballbesitz) lassen positiv blicken.
Wir – von BorussiaExplained – forderten bereits in Vergangenheit die Rückkehr „back to the roots“, weil wir der Überzeugung sind, dass dies die Vereins-DNA ist, sowie die Stärken des Grundkaders treffen.
Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum)
9 Antworten auf „Würde der Trainer Daniel Farke zu den Fohlen passen?“
[…] Gleichzeitig zeigte Farke, dass sein Team mit Ballbesitz umgehen kann und er mit der Mannschaft klare Ideen entwickelt, wie man die Spielgestaltung übernimmt. Die Spieler sollen zwar so oft wie möglich schnell und vertikal spielen, jedoch ist man nicht auf dieses Spiel angewiesen. „Wenn ich könnte, hätte ich gerne 90 Minuten lang den Ball“, beschrieb er selbst seine Philosophie. (BorussiaExplained: Würde der Trainer Daniel Farke zu den Fohlen passen?) […]
Vortrefflichen Kommentar. Wünsche mir Daniel Farke als Trainer für die nächste Saison.
[…] wird man feststellen, dass es neben Lucien Favre auch weitere interessante Kandidaten gibt.Neben Daniel Farke, der bereits in gewissen Punkten bereits analysiert wurde, ist ein alt-bekannter Name einer, der dem beschriebenen Profil gerecht […]
Sehr schöne Analyse. Vielen Dank,
Ich fände es klasse wenn ihr künftig auch Aspekte der Sozialkompetenz aufnehmen könntet. Empathie, Motivationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Medienkompetenz sind schon extrem wichtig. Siehe Vogel, Schubert, Hütter.
Ist nicht euer Schwerpunkt, finde ich aber sehr wichtig.
[…] Seit Samstag Mittag steht fest:Daniel Farke ist bis 2025 der neue Coach der Fohlen.BorussiaExplained freut sich über diese Personalentscheidung und begrüßt diese.Die erste Analyse über den neuen Cheftrainer wurde bereits Mitte Mai veröffentlicht, als es um ein… […]
[…] ersten beiden Analysen um Daniel Farke handelten von dessen Offensiv– und Defensivprinzipien.In dieser Analyse vertieft Deniz (@DenizimHalbraum) beide Prinzipien […]
[…] zu forcieren?Die Muster, die sich in Farkes Zeit in Norwich beobachten ließen, sind analysiert und hier , sowie hier zu finden.Ich habe mir Gedanken gemacht, um weitere Reizpunkte zu finden, die Borussia […]
[…] Würde der Trainer Daniel Farke zu den Fohlen passen? […]
[…] Daniel Farke […]