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Was ist in der zweiten Halbzeit gegen Mainz passiert? Die Antworten!

Die Borussia bleibt seit den letzten drei Spieltagen ungeschlagen und holte nach der Länderspielpause ein Remis (1:1) gegen Ligakonkurrent Mainz 05.
Eine Partie, die Licht und Schatten auf diese wirft.
Während man die erste Halbzeit kontrollierte und bestimmte (62% Ballbesitz; 12 zu 3 Schüsse), kippte das Spiel schlagartig mit Wiederanpfiff in die andere Richtung (zweite HZ: 46% Ballbesitz; 5 zu 19 Schüsse).

Was ist passiert? Wieso kam die Borussia in der zweiten Halbzeit nicht mehr klar?
Die Antworten!

Startelf beider Teams
GladbachMainz 05
Ballbesitz53%47%
Schüsse17 (8)22 (10)
Pässe (Passquote)507 (82%)445 (79%)
Laufdistanz111 km116,8 km
Sprints209236
Gewonnene Zweikämpfe9687
Statistiken beider Teams; Quelle: Bundesliga.de

Eine Analyse von Deniz (@D_Expl_).

Sicheres Aufbauspiel der Fohlen

Adi Hütter wählte einen 3+1 Aufbau, in dem Kone den Solo-6er gab, welcher Neuhaus das Einschieben in letzter Linie ermöglichte.
Kone bildete das Bindeglied zwischen erster und dritter Linie, welche Plea, Stindl/Embolo und Neuhaus füllten.
Die Rautenbildung in der gegnerischen Hälfte war bereits im Heimspiel gegen FC Augsburg (3:2 Sieg) ein Thema.

Dadurch das Gladbach mit vier Spielern aufbaute, hingegen der FSV lediglich mit zwei Stürmern dagegen hielt, war das Aufbauspiel von der ersten Linie leicht übertragbar in die zweite und/oder dritte.

Mainz lief zunächst in einem 5-3-2 Pressingschema an, welches aber durch die genannte Unterzahl nie Zugriff gewann. Standen die beiden Stürmer kompakt, konnten die Fohlen über Beyer und Ginter verlagern.
Standen Onisiwo und Ingvartsen breit, so konnte Kone im Zentrum gefunden werden, sodass dieser sich frei aufdrehen konnte.

Welche Rolle Beyer/ Ginter und Plea/Neuhaus spielten

Die eigentliche Idee, die Trainer Bo Svensson verfolgte ging nicht auf. Diese beinhaltete, dass Onisiwo und Ingvartsen kompakt stehen und das Zentrum verdichten (somit Kones Passfenster schließen).
Der ballnahe seitliche 8ter (Boetius oder Barreiro) sollte einer der breitstehenden seitlichen Verteidiger (Ginter oder Beyer) anlaufen, sodass der ballferne 8ter einrückt, um den 6er Stach zu unterstützen.

Dies gelang nicht, weil Neuhaus halb-rechts und Plea halb-links einrückten und Boetius, sowie Barreiro banden.
Dadurch konnten sich Beyer/Ginter jeweils breit positionieren und den offenen Raum entweder andribbeln (besonders Beyer tat dieses oft und gut!), oder den eröffnenden Pass in die letzte Linie spielen.

Die Flügelverteidiger Widmer und Martin konnten Beyer und Ginter nicht anlaufen, weil Gladbach Wingbacks ein gutes Positionsspiel in letzter Linie hatten und diese jeweils banden.

Ingvartsen passte sich an – Mannorientierungen auf dem ganzen Feld

Ingvartsen erkannte die Problematik, sodass sich ab ca. der 15. Minute eine Veränderung im Anlaufen feststellen ließ.
Der 26-Jährige positionierte sich im Anlaufen breiter und ließ sich zu Onisiwo diagonal leicht abkippen.
Dadurch gelang ihm der Zugriff zu Jordan Beyer leichter.
Durch sein leichtes Abkippen, sowie der Positionierung, verkürzte er den Abstand zum seitlichen Innenverteidiger, und schloss dabei zusätzlich den Halbraum für Gladbachs Spiel in dritter Linie.

Ingvartsen schloss in seinem Anlaufen auf Beyer den Passweg ins Zentrum

Neuhaus´ intelligente Reaktion darauf

Durch das Anlaufen von Ingvartsen, verhielt sich Onisiwo wie ein alleiniger Stürmer, der Elvedi anlief. Anhand der zentralen Position, konnte der Stürmer oftmals Kone im Deckungsschatten binden, sodass der 6er die Anbindung in zweiter Linie verlor.
Mainz spiegelte also die Grundordnung von Mönchengladbach.

Neuhaus verstand, dass somit sein Einschiebeverhalten von der dritten, in die vierte Linie nicht mehr effektiv war, sodass er sich in die zweite, neben Kone, fallen ließ.
Dadurch eröffneten sich für Beyer und Ginter diagonale Anspielwinkel, die das Überspielen des Mianzer Pressings in erster Linie, wieder ermöglichten.

So konnte die Elf von Adi Hütter den Gegner regelmäßig locken, sodass sich die zentralen Mittelfeldakteure (Boetius/ Barreiro und Stach) teils in der gegnerischen Hälfte begaben.
Gladbach hat die spielerische und technische Klasse, um Eins-gegen-Eins Situationen aufzulösen. So spielte Neuhaus aus dem 3+2 Aufbau einen vertikalen Pass in die letzte Linie und Steil-Klatsch-Spiel Muster ergaben sich. Lainer und Bensebaini agierten intelligent, schoben in Halbräume, um den allein gelassenen 6er zu überspielen.

Der Führungstreffer

Embolo erzielte nach feiner Kombination mit Stindl und Neuhaus das Tor in der 33. Spielminute. Auch hier bewiesen die Fohlen spielerisch starke Momente, die sie auf engem Raum im Zentrum auflösten!
Die letzten zehn Minuten kontrollierte BMG weiterhin, einzig der letzte Impuls im letzten Drittel ist den Gastgebern in der ersten Hälfte der Partie vorzuwerfen.
Eine erste Halbzeit, in der man nach langer Zeit das Gefühl hatte, dass Adi Hütter und sein Team sich auf spielerische Elemente fokussieren. Ein möglicher erster Schritt zur spielerischen Kultur.
Das Selbstvertrauen gab jedoch nicht den effektiven Push in die zweite Halbzeit hinein…

Fehlende Kompaktheit im Anlaufen der Gladbacher

Die fehlende Kompaktheit zwischen den Linien der Fohlen ist ein Genickbruch im Anlaufen. Diese ist immens wichtig, wenn man hoch presst.
Zwischen der ersten Pressinglinie und der zweiten herrschten enorm große Abstände, sodass es für die 8ter der Mainzer ein einfaches Verfangen war, sich in den Zwischenlinien zu positionieren.

Bo Svensson gestaltete das Aufbauspiel seines Teams um.
Der ballnahe Flügelverteidiger kam kurz und hatte damit eine Anbindung zur restlichen 3er-Kette.
Dies hatte zu Folge, dass einer der Halb-10er Stindl/Plea raus gezogen wurden.
Bensebaini und Lainer liefen ballnah zwar an, doch Gladbachs 6er Neuhaus und Kone konnten keine Kompaktheit herstellen, sodass wieder die 8ter der Mainzer in Zwischenräumen gefunden werden konnten.

Während Embolo in der ersten Hälfte Stach mannorientiert zustellte, verlor dieser den Kontakt.
Mainz machte das Spiel breit, eröffnete auf den Außen. Die Mitspieler zogen mit nach Außen.
Im folgenden Beispiel ziehen Widmer und Barreiro das Spiel breit, eröffnen Stach den Raum im Zentrum.
Während Mainz viel Personal im Aufbau wählte (bis zu sieben Spielern), konnte Borussia teils mit fünf Mitspielern kein Pressing auslösen.

Kone und Neuhaus um Kompaktheit bemüht, jedoch nie mit Zugriff

Während Embolo und Co. keinerlei Zugriff auf Stach, Barreiro und Boetius bekamen, versuchten Kone und Neuhaus dieses aufzufangen.
Die personelle Überzahl im Mainzers Aufbauspiel sorgte aber dafür, dass ein Pressingauslöser in Keim erstickte.
In der nun folgenden Szene sieht man, wie Plea, Embolo und Stindl Mann-gegen-Mann stehen gegen die 3er-Kette der Gäste.
Während Kone und Neuhaus versuchten, Stach und Boetius anzulaufen, kommt Barreiro zusätzlich kurz.
Kone gerät in Unterzahl und ist gezwungen sich fallen zu lassen.

Ein taktisches Durchschieben von einem der seitlichen Verteidiger (je nach Seite: Beyer oder Ginter) wäre in der Theorie möglich gewesen, um diesem entgegen zu wirken, jedoch auf Kosten der Überzahl in letzter Linie.
Onisiwo und Burkhardt banden zwei der drei Verteidiger der Kette. Martin schob als ballferner Flügelverteidiger hoch, band somit Lainer. Bensebaini schob hoch zum ballnahen Widmer.
Bliebe Beyer übrig: Wenn dieser zusätzlich hoch schieben würde, so wäre eine personelle Gleichzahl entstanden, die so nicht zu verantworten ist (zu beachten ist der Spielzeitpunkt und das Ergebnis).
Das System Hütter fordert physische Kräfte in seinem Spiel. Viele „Mann-gegen-Mann“ Duelle, statt Pressingmuster- und Automatismen.

Mainz mit konsequentem Anlaufen

Bo Svensson änderte im Pressingschema nichts, allerdings sorgte er für mehr Konsequenz und Aggressivität.
Die grundsätzliche Idee aus der ersten Halbzeit wurde angenommen, sodass Barreiro aus einer Mannorientierung im Mittelfeld (Kone), bei einem Zuspiel auf die seitlichen Verteidiger anlief und im Highspeed Druck erzeugte.

So erzeugte Mainz Balldruck und Überzahl auf den Außen. Während sich die letzte Kette der 05´er in der ersten Hälfte der Partie statisch verhielt, folgte darauf mannorientiertes Verhalten der Verteidiger Niakhate und Bell gegen Plea und Neuhaus.
So war BMG gezwungen den langen Ball direkt zu schlagen, oder über Yann Sommer dieses Mittel zu wählen.

So auch ballferne Seitenverlagerung von Beyer zu Ginter, die Mainz zulief.
Der hohe Ball „dauerte“ zu lange, um Mainz in einer möglichen Unordnung zu erwischen, sodass diese den Versuch einer Verlagerung zu Nichte machten.

Fazit: Plan A top, jedoch mit Umstellung(en) des Gegners überfordert

Während die erste Halbzeit für die Fohlen positiv verlief, verlor man im Heimspiel die komplette Kontrolle in der zweiten Spielhälfte.

Spieler, wie Kone, Neuhaus und Ginter, die den Ballbesitzfokus hatten und haben, schlugen Bälle lang. Lainers langer Ball – mitten ins Zentrum – kehrte als Boomerrang zurück, der sich im Tor des wirklich stark parierten Yann Sommer, wieder fand.

Das Anlaufverhalten funktionierte nicht mehr. Wieso? Sind es wirklich nur die Spieler, die plötzlich nicht mehr wissen, was sie in der ersten Halbzeit gut gemacht haben?
Die ersten zehn Minuten kosteten unheimlich viel Kraft, weil man quasi nie den Ball hatte. Mainz presste BMG zu, diese schlugen lang und der Ballbesitz schlug über. Hatten die Fohlen mal einen überraschenden zweiten Ball gewonnen, so war dieser durch die Unruhe am Ball von Neuhaus und Kone, die sofort vertikal und tief spielen wollten, weg.
Ausdauer und Physis sind allerdings im Hütter Spiel elementar. Weil? Mannorientiertes Anlaufen. Bist du nicht am Mann, dann hast du halt keinen Zugriff.

Das Borussia angeblich keine Fitness hätte, ist Nonsens.
Die Intensität während des Spiels in einem zu langen Zeitfenster, in der sich die Jungs nicht vom Ballbesitzlosenspiel befreien können, saugen der Fohlenelf die nötige Kraft.
15 Minuten ohne Ballbesitz – das überlebt keine Pressingmannschaft.

So frage ich:
Wann lässt sich endlich eine Spielentwicklung erkennen, Adi Hütter?

2 Antworten auf „Was ist in der zweiten Halbzeit gegen Mainz passiert? Die Antworten!“

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