„Ja, ich wollte Modric als Zehner einsetzen, um von hinten gut rauszuspielen und um zwischen den Linien Platz zu schaffen und unser Spiel aufzuziehen. Mein Plan, wie ich Barça schlagen wollte, war sehr schlecht. Ich habe kein Problem damit, die Verantwortung auf mich zu nehmen. Das Spiel hat uns sehr getroffen. Wir müssen aber weiter machen und ruhig bleiben. Wir müssen ausgeglichen bleiben.“
So lautete die Stimme von Real-Coach Carlo Ancelotti (Quelle: REALTOTAL.de).
Tatsächlich hatte Real quasi nie Zugriff auf ein starkes Barça, die wie gewohnt ihr Spiel unter Trainer Xavi durchgezogen haben.
Eine Analyse von Deniz (@D_Expl_)
Anlaufverhalten: Kroos und Modric in vorderster Linie, Casemiro und Valverde dahinter – Räume für Barça in Halbräumen
Carlo Ancelotti beschloss, Barça in einem 4-4-2 Pressingshape anzulaufen. Dabei sollten Kroos und Modric die Innenverteidiger Pique und Garcia pressen , zudem sicherten Valverde und Casemiro den Raum dahinter ab.
Die Idee war, dass Barças Innenverteidiger Balldruck bekommen, dabei der 6er Busquets und der ballnahe 8ter zugestellt werden sollten.
Reals Flügelspieler Vinicius Jr. und Rodrygo ließen sich allerdings auf die Außen ziehen, indem sich Barças Außenverteidiger Alba und vor allem Araujo breit positionierten.

Dadurch öffnete sich der Halbraum für Barça, in dem Pedri/ de Jong gefunden werden konnten.


Xavis Elf agierte gewohnt flexibel. Wenn die Gäste die erste Linie überspielten, zogen die 8ter die der Madrilenen aus der Zentrale, sodass Aubameyang im Zwischenraum gefunden werden konnte. Diese Muster analysierte ich bereits im letzten Ligaspiel des FC Barcelonas.

Reals Casemiro mit Zustellungsschwierigkeiten
Der Mittelfeld-Block von Valverde und Casemiro hatten enorme Zustellungsprobleme, weil sie im Zentrum in Unterzahl waren.
Das lag auch daran, dass Kroos und Modric den 6er Busquets im Anlaufen nicht gedeckt bekommen haben, sodass Casemiro vor der Entscheidungsproblematik stand, wer zugelaufen werden sollte.

Vinicius Jr. ließ sich weiterhin von Araujo aus dem Halbraum ziehen. In diesem stand Frenkie de Jong frei, während Valverde ballfern agieren und sich Casemiro zentral von Busquets binden lassen musste.

Nach 15 Minuten: Real versuchte die Halbräume zu kontrollieren, verlor dann aber die Außen
Die Flügelspieler bekamen von Ancelotti dann die Anweisung, bewusst die Außenverteidiger frei zu lassen, um in den Halbräumen die 8ter de Jong und Pedri zugestellt zu bekommen.
Barcelona ist allerdings so flexibel, dass die auf den Außen das Spiel weiterhin ankurbelten.
Pique hatte somit das Passfenster direkt zu Dembele offen und eröffnete den Angriff über diesen.


Das Problem für Real begann beim rausschieben. Dadurch das de Jong in die letzte Linie zog, entstand dort für Barça eine 5-gegen-4 Überzahlsituation. Bemerkbar machte sich dies ballfern, als Torres den Ball als letztes Bindeglied der Linie bekam.

Dembele spielte den Ball ins Zentrum. Alaba schob zum einlaufenden de Jong ein, sodass Militao und Carvajal nachschieben mussten. Am Ende dieser Verkettung stand Carvajal in Unterzahl, weil Pedri und Torres Zentrum und Halbraum besetzten.

Real verlor immer mehr an Kontrolle und verlor endgültig das Mittelfeld.
Ab der 25. Spielminute ließ Ancelotti umstellen: Kroos agierte auf die linken 8ter Position und stellte Valverde auf die 10, sodass eine Raute entstand. Vinicius Jr. und Modric liefen in erster Linie an.

Kurios: In ihrer vermeintlich „stabilsten“ Phase, bekamen die Königlichen das erste Gegentor, als man zwar das Zentrum unter Kontrolle hatte, allerdings die Qualitäten von Ousmane Dembélé im Eins-gegen-Eins auf den Außen zu spüren bekamen. Der Franzose setzte sich gegen Nacho durch und fand Aubameyang im Zentrum, der per Kopfball vollendete – 0:1 29´.
Situativ ging man aus der Raute rüber in komplette Manndeckung auf dem ganzen Feld, als man das Gefühl des „Zupackens“ bekam. Dieses bestrafte die Elf von Xavi im ersten Moment:
In der 35. Minute wich Kroos aus seiner 8ter Position, stellte Pique zu. Der Rest der Mannschaft ging in eine komplette Manndeckung über; inklusive IV Militao, der Pedri an der Mittellinie deckte.
De Jong löste sich von Casemiro, der den Mittelfeldspieler aus den Augen verlor. Ein linienbrechender Pass aus der Kette reichte, um Torgefahr zu erzeugen.

Nachdem 0:2 von Verteidiger Araujo in der 38. Spielminute, ging Madrid für die restlichen Minuten der ersten Hälfte in die obige dargestellte Formation über und deckte nahezu auf dem ganzen Feld mannorientiert.

Allerdings lernten Militao und Co. von der vorherigen Aktion, sodass sie in letzter Linie Überzahl (Vier-gegen-drei) beibehielten. Dies aber auf Kosten der Zustellung von einem der beiden Außenverteidiger Barcelonas.


Halbzeit: Ancelotti wechselte zweifach und stellte um auf eine 3er-Kette – Doppelschlag Barça
Real stellte um auf eine 3er-Kette, spielte hinten Mann gegen Mann und ging damit höheres Risiko. Die letzte Kette war in der ersten Halbzeit ein großes Problem, weil diese zu tief stand und keinen Balldruck auf die Mittelfeldspieler bekam.

Mit der Umstellung erhoffte man sich dort mehr direkte Zweikampfduelle.
Dieser Effekt verpuffte nicht, er existierte nie.
Bereits in der ersten Minute nach Wiederanpfiff, lief Torres 40 Meter weit alleine auf das Gehäuse von Keeper Courtois zu, ehe der Stürmer vergab.
Aus dem selbem Fehlerschema:
Innenverteidiger Militao muss – wenn die Vorgabe lautet, Mann gegen Mann zu spielen – deutlich näher am direkten Gegenspieler Aubameyang stehen.
Militao kam zu spät, Torres belief den großen Raum im Rücken dessen.

Zwar ist Alaba auch an Dembele gebunden, allerdings gilt hier der Fall der Tiefensicherung in der Zentrale. Torres würde allerdings dennoch mit Dembele auf ein Zwei-gegen-Eins auflaufen, aber so gestaltete der Innenverteidiger die Aufgabe für Barcelona zusätzlich einfacher.

Eine Minute später fiel dann folgerichtig das dritte Tor – durch Ferran Torres in der 47. Spielminute, 0:3.
So auch das vierte Tor, welches Barça gegen mittlerweile wehrlose Madrilenen erzielte.
Fazit: Chaotisches Defensivverhalten von Real – Barça mit Dominanz
Real Madrid hatte zu keiner Phase des Spiels einen Zugriff auf den Gegner. Ein wildes Anlaufen, welches individuell – unabhängig von der Grundordnung, die Ancelotti regelmäßig änderte – viele Fehler aufzeigen ließ.
Ein Beispiel:
Valverde lief in der Phase, als Real in einer Raute presste, zum Innenverteidiger Garcia durch, obwohl dieser der Gegenspieler von Modric war. So verlor der der Mittelfeldakteur Sergio Busquets aus dem Deckungsschatten, sodass Alba und Co. über den Kapitän verlagern konnten.

Neben dem Aspekt, dass der Tabellenführer das Zentrum im Mittelfeld nicht unter Kontrolle hatten, gab die letzte Kette eine Menge Zwischenräume für Xavis Offensivspieler her.
Frenkie de Jong und Pedri konnten in diesen frei aufspielen, sich aufdrehen und hineinstechen.
Alaba und Militao hatten zusammen mit Nacho und Carvajal keinen guten Tag. Auch die Umstellung auf die 3er-Kette zur Halbzeit, brachte nicht den erwünschten Effekt.
Generell erkannte man kaum Automatismen im Pressing, egal in welcher Grundordnung.
Das erschreckte.
Der FC Barcelona hingegen nutzte das Selbstvertrauen, welches sie getankt hatten und im Spiel von Minute zu Minute zusätzlich bekamen. Sie brachten ihr Spiel durch, hatten ihre Passstafetten und behielten weiterhin ihre Flexibilität.
Zunächst kamen die Gastgeber gegen Reals 4-4-2 über die Halbräume. Als Vinicius Jr. und Rodrygo enger standen, wurden die Außen frei. Auch dann verlor Barcelona nicht ihre Offensivmuster. Sie lösten über Tiefenläufe der 8ter den Angriff über Aubameyang auf, der mit Busquets immer wieder verlagerte. Real musste viel laufen, denn Barça hatte 60% Ballbesitz.
Ein hochverdienter Sieg im Prestigeduell, der in dieser Höhe für Xavi und den FC Barcelona absolut in Ordnung geht!
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