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Nathan Ngoumou – Scoutingbericht 21/22 – Der Breitengeber

Die Borussia gab am heutigen Dienstag die Verpflichtung des Neuzugangs Nathan Ngoumou bekannt. Dessen Dienste sicherten sich die Fohlen bis zum 30.06.2027 und soll nach diversen Medienberichten ca. 8 Mio. € an Ablöse gekostet haben.

Die Borussia gab am heutigen Dienstag die Verpflichtung des Neuzugang Nathan Ngoumou bekannt. Dessen Dienste sicherten sich die Fohlen bis zum 30.06.2027 und soll nach diversen Medienberichten ca. 8 Mio. € an Ablöse gekostet haben.

In der heutigen Analyse nehmen wir den Flügelflitzer genauer unter die Lupe.
Welche Positionen bekleidet Ngoumou? Welche Stärken besitzt er? Wie wirkt sich das auf das Farke-Spiel aus und welche Mitspieler könnten von ihm profitieren? All das – inkl. Videomaterial – findet ihr hier!

Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum).

Datenüberblick:

NameNathan Ngoumou Minpole
Geboren am14.03.2000 (22)
Größe1,82 m
Gewicht70 kg
Starker FußRechts
Pflichtspiele 21/2237
Tore 21/228
Assists 21/224
Gelbe/Rote Karten 21/221 / 0
Vertrag bei Borussia bis30.06.2027
Marktwert (laut TM.de)2,50 Mio. €

Heatmap 21/22

Es wird deutlich, welche Rolle Ngoumou auf dem Feld beim FC Toulouse ausgefüllt hat, wenn man einen Blick auf seine Heatmap der vergangenen Saison wirft:
Der Flügelspieler interpretiert diese Position tatsächlich breit und kann als Rollenspieler somit als „Breitengeber“ identifiziert werden.
Anders als z. B. Alassane Plea, der auf dem Papier im 4-2-3-1, den linken Part im Halbraum, mit Zug zum Zentrum ausfüllt.
Ngoumou hat starke Ausbrüche über den rechten Flügel. Der Halbraum ist keine unbekannte Zone; besonders in der Box findet er schnell diese Räume.
Durch seine Dribblings werden diese Räume attackiert, aber die Schlagzahl darf sich gerne erhöhen. Gerade die Halbräume vor der Box und allgemein im letzten Drittel, sind Zonen, die er noch häufiger suchen darf. Schaut man sich sein Spielerprofil an, erklärt dieses zumindest, wieso er häufig auf der Außenbahn „klebt“. Näheres dazu später.

Zum Vergleich die allgemeine Heatmap von Kingsley Coman vom FCB (ebenfalls Breitengeber):

Die Ausbrüche in die Halbräume und zentralen Bereiche, somit in torgefährlichere Zonen, sind in der Schlagzahl häufiger besucht. Genau wie Ngoumou, ist Coman als rechter Flügelspieler Rechtsfuß, findet dennoch oft vom Flügel die diagonale Bahn vor der Box zum attackieren, während die Aktionen des 22-Jährigen auf der Außenbahn enden.

Spielerset: Antritt, Explosivität und Eins-gegen-Eins Duelle

Nathan Ngoumou ist ein Spieler, der von seinem extremen Antritt und dessen Explosivität lebt.
Gleichzeitig gelingt es ihm, nicht nur auf den Flügeln, teils auch im Zentrum (meist gefährlich bei Besetzung in letzter Linie), tiefe Ausbrüche zu schaffen.
Dabei glänzt er bei Zeitpunkt Ballannahme, durch seine Vororientierung und dessen Ballmitnahme in der Körperbewegung.

Ngoumous Antritt und Explosivität; Quelle: Wyscout

Die immensen Stärken im Antritt verschaffen ihm in den Eins-gegen-Eins Duellen einen großen Vorteil.
Diese Duelle sucht er häufig auf den Flügeln, im letzten Drittel beginnend auch mit Zug in die Box.

Klassisch für Ngoumous Eins-gegen-Eins Duelle, sucht er danach gerne die Hereingabe in die Box.
Im unteren Video sind solche Szenen zu beobachten.

Ngoumous Antritt und Eins-gegen-Eins Fähigkeiten

Deep completions

Deep completions (im deutschen Sinn: „tiefe Bälle“) sind Werte für Pässe, die in der oben angezeigten Zone gelandet sind.
Dasselbe gilt auch für Flanken („deep completed crosses“):
Eine Flanke, die in die Zone innerhalb von 20 Metern vor dem gegnerischen Tor geschlagen wird.

Schaut man sich Ngoumou´s Werte in der Saison 21/22 diesbezüglich an, merkt man, wie stark dessen Spiel auf Ausbrüche und Hereingaben jeglicher Art sind (keine Kostic-Andeutung, sondern eines klassischen Flügelspielers, der in seitliche Zonen unmittelbar vor der Box gelangt).

RangSpielerDeep completions (Pässe) per 90 min
1Guilavogui1,8
4Ngoumou1,16
27Hamache0,69
54Dekoke0,18
54 Flügelspieler der Ligue 2 in der Saison 21/22 mit mindesten 1.000 Ligaminuten in Einsatz; Quelle: Wyscout.

RangSpielerDeep completed crosses (Flanken) per 90 min
1Ouammou1,81
3Ngoumou1,53
27Sivis0,7
54Hamache0,07

Beide Werte zeigen, wie sehr sich Ngoumou vom Durchschnitt der Liga unterscheidet. Während er den Deep completion-Wert um das 1,68-fache steigert, wird der Deep completed crosses-Wert gegenüber dem durchschnittlichen mehr als verdoppelt.

Link-up play

Ngoumou glänzt nicht über die Teilnahme am Aufbauspiel, oder gar als Spielmacher in der gegnerischen Hälfte. Als Breitengeber sind diese Komponenten auch nicht gefragt.
Seine Teilnahme am Spiel und Freilaufverhalten (aus dem gegnerischen Deckungsschatten heraus) im Halbraum, wenn bspw. der Außenverteidiger breit steht und sich im Ballbesitz befindet, sind ordentlich.

Ngoumous Link-up play; Quelle: Wyscout

Dabei sucht er, wie er es meist von seinen Mitspielern fordert, schnell den Doppelpass mit dem Außenverteidiger, um ihn in der Tiefe einzusetzen.

Agiert Ngoumou als Breitengeber in tieferen Zonen an der Linie, so steht er meist mit dem Rücken zum Gegner und spielt in Folge dessen Rückpässe.
Mit 9,57 Rückpässen pro Spiel, hat er von den 54 Flügelspielern den zweit-höchsten Wert (Teil der Wahrheit: Im letzten Drittel, gegen tiefstehende Gegner, sind Rückpässe auf den Flügeln meist die realistischste und zudem individuell die einzige Option, um den Ballbesitz zu sichern).

Horizontale Pässe, um bspw. die Sechser zu finden, vermeidet er eher bislang. Auch, um das Risiko zu niedrig wie möglich zu gestalten.
Wie beschrieben: Die Stärken eines klassischen Flügelspielers liegen in anderen Bereichen.

Tiefenläufe

Tiefenläufe bieten sich bei (antritts-)schnellen Spielern an, so auch bei Ngoumou.
Bei diesen Läufen beweist Ngoumou auch neben der Antrittsexplosivität, auch das Timing und Positionsspiel für diese.
Der Flügelspieler hat smarte Laufwege, die ihn über die eher ungefährlichen Flügel hinein in Halbräume bringen, sodass seine Mitspieler diese finden.
Dazu hat er das dafür typische Einlaufmuster, im Bogen von Außen nach innen hinein zu laufen, wie im unteren Video in einzelnen Szenen zu beobachten ist.
Der Vorteil bei diesen Einlaufmustern sind, dass er sich aus dem Zentrum (meist von zwei Innenverteidigern zugestellt), oder Halbraum (vom jeweiligen Innen- und Außenverteidiger) entzieht und die größeren Räume über die Flügel nutzt, um sich nur in kurzen Zeitfenstern in Halbräumen (torgefährlicheren Zonen) zu befinden.

Ngoumous Tiefenläufe; Quelle: Wyscout

Verhalten im letzten Drittel/ in der Box: Wie schießt Ngoumou seine Tore?

Als Flügelspieler ist es wichtig, sich nicht komplett von der Torgefahr zu isolieren.
Gerade, wenn das Team um Ngoumou für ihn in ballfernen Räumen spielt, ist das Einrücken in der letzten Linie, in der zur Ballseite verschobenen Abwehrkette des Gegners, wichtig.
So können in den (schnellen) Verlagerungen Räume provoziert werden, in denen Ngoumou zu Abschlüssen kommt.

Dabei lässt er teils die spieltaktische Konstanz in der Positionierung vermissen, wenn dieser zu breit steht, und sich somit wichtige Meter zum Tor nimmt, die den Winkel beim Torschuss massiv verschlechtern.

Keine optimale Besetzung der relativen Breite; Quelle: Wyscout

Vorteilhaftes Positionsspiel in der relativen Breite; Quelle: Wyscout

Einlaufverhalten zweiter Pfosten

Ngoumou – für einen Flügelspieler eigentlich untypisch – hat eine gewisse Kopfballgefahr, die ihn auch durch seine ordentlich-große Körpergröße von 1,82m gefährlich macht.
Den Vorteil, den er mit seiner Körpergröße hat, ist dieser, dass die meisten Außenverteidiger meist kleiner sind, und selten 1,80m erreichen.
Dazu hat er ein gutes Einlaufverhalten zum zweiten Pfosten hin, in der er vor allem auch mit dem Fuß zum Abschluss kommt.

Kopfbälle – meist am zweiten Pfosten; Quelle: Wyscout
Starke Laufwege zum zweiten Pfosten hin; Quelle: Wyscout

Wie kann Ngoumou das Gladbach Spiel beeinflussen; Welche Spieler können von ihm profitieren?

In erster Linie hat Ngoumou Stärken, die in der spezifischen Auslegung dieser, kaum einer im jetzigen Gladbach Kader besitzt, wenn überhaupt Marcus Thuram.
Das Tempo, vereint mit den Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins, sind Elemente, welche dem Werkzeugkoffer von Daniel Farke sicherlich gut tun werden.
Gerade im Konterspiel (schade, dass er nicht bereits am vergangenen WE gegen Bayern München im Kader stand) werden seine Stärken zum Vorschein gebracht. Dieses belebende Element nun zumindest als Kaderoption zu haben, ist wichtig.

In erster Linie wird Ngoumous Positionierung als Breitengeber Jonas Hofmann entlasten.
Der deutsche Nationalspieler war und ist im jetzigen Farke System auch in Spielsituationen gezwungen die Breite zu geben.
Rechtsverteidiger Joe Scally übernimmt diese Rolle teils auch, ist aber im Aufbauspiel vor allem damit beschäftigt, in der flachen Kette seine Positionierung zu finden, und auch im ballfernen Spiel als Verbindungselement im Halbraum in der Linie der Sechser, gar Achter, zu agieren.
In diesen Momenten, besonders oft trat dies im Auswärtsspiel auf Schalke auf, muss Hofmann die Breite geben und wird von der Wohlfühloase im Halbraum weggezogen.

Dies kann sich mit Ngoumou ändern.
Während Hofmann auf dem Papier derzeit den rechten Flügelpart des 4-2-3-1 gibt, könnte dieser nun auf der „Zehn“ agieren, Ngoumou den nominellen Part des rechten Flügelspielers übernehmen.
Hofmann ist kein „Zentrumszehner“ a la Stindl, jedoch wäre durch die Rolle von Ngoumou, eine statische Raumbesetzung von Hofmann im Halbraum möglich.

Im Halbraum fühlt sich Hofmann am wohlsten, so hat er in dieser Besetzung des Raumes, oft die Tiefe unter Adi Hütter gefunden, und immerhin zweistellig getroffen.

Für Ngoumou hingegen ist dies die optimale Positionierung des jetzigen favorisierten Systems von Daniel Farke. Als Breitengeber fühlt sich dieser wohl. Zwar kann der Flügelspieler in seinem Spiel noch mehr an Diagonalität gewinnen (wir erinnern uns an den Coman-Vergleich eingangs der Analyse), jedoch hat er bereits seine gewisse Schlagzahl dieser Aktionen, sodass ihm das Wohlbefinden in diesen Momenten zu Gute kommt und einen Vorteil gegenüber einem nominellen Außenverteidiger hat.
Unter Adi Hütter hat meist Lainer, sonst Scally, diese Rolle übernommen und war auf den Außen isoliert, weil einzig die vertikale Bahn, oder eben ein Rückpass (somit oft den Triggerpunkt für das gegnerische Pressing ausgelöst) übrig blieb.

Fazit

Ngoumou wird sicherlich Zeit benötigen. Seit seinem fünften Lebensjahr spielte er beim FC Toulouse und hat nun im Alter von 22 seine ersten Auslandserfahrungen vor sich. Zwar ist der Aspekt, dass er in der Karriereakte wenige Einsätze in der ersten Liga Frankreichs vorzuweisen hat, kein zu unterschätzender, jedoch ist ihm das Talent und somit das Durchsetzungsvermögen in einer der Top-5-Ligen nicht abzusprechen.
Wie jeder andere (junge) Spieler auch, hat Ngoumou sicherlich auch an Schwächen zu arbeiten.
Das Verantwortungsbewusstsein in seinen Aufgaben in der Arbeit gegen den Ball muss definitiv geschärft werden.
So auch, das Pressing und dessen Anlaufverhalten, in der er als einer der Akteure in vorderster Linie agiert.
Dinge, die man lernt. Für die man Zeit benötigen wird.

Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum).

BorussiaExplained Caster-Class Podcast


5 Antworten auf „Nathan Ngoumou – Scoutingbericht 21/22 – Der Breitengeber“

Neben der Frage, wer von ihm profitiert, stellt sich aber auch die Frage, wer durch ihn verdrängt wird und da wird ein Patrick Herrmann Gefahr laufen, die gleiche Bedeutung wie Tony Jantschke zu erfahren. Die Veranlagung von Ngoumou erinnert mich doch sehr an die eines frühen Patrick Hermann in einer 4er Offensive unter Favre.

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