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Leverkusen – Atletico (2:0) – Spieltaktische Analyse der Werkself

Eine Analyse von Deniz (@DenizimHalbraum).

Bayer Leverkusen gewann am zweiten Spieltag der UEFA Champions League im Heimspiel gegen Atletico Madrid mit 2:0. Ein durchaus verdienter Sieg, in einem Spiel, welches davon lebte, dass in beiden Strafräumen die Torgefahr verhindert wurde.

Aufbaustruktur Atletico Madrid und Anlaufverhalten Bayer Leverkusen

Atletico baute in 3-1 Staffelungen auf; mit Koke als zentralen Sechser davor. Die Flügelverteidiger schoben hoch in eine Linie mit den Achtern. Im Zentrum positionierte sich in gleicher Linie Joao Felix.

Leverkusen stellte sich gegen den Ball im 4-2-3-1 auf. Hlozek stellte mannorientiert Koke zu, Schick presste Felipe als zentralen Innenverteidiger in eine Richtung, während der ballnahe Flügel den seitlichen Halbverteidiger presste.

Durch das Lenken im Anlaufen von Schick auf eine Seite, konnte Atletico danach keinen progressiven Pass spielen. CHO presste Witsel im Bogen, schloss die Außenspur, Hlozek und Demirbay stellten Sechser Koke und Achter Llorente mannorientiert zu und Hincapie schob hoch zu Molina.

Diaby rückte ballfern in Halbräume ein, um die diagonale Verlagerung von Witsel auf Saul zu verhindern. Meist stand Schick im richtigen Winkel, sodass Witsel nicht mal direkt auf Hermoso verlagern konnte, sondern den Umweg über Keeper Grbic nehmen musste.

Spielstrukturen Atletico Madrid: Die Idee durchs Zentrum und Bayers Probleme mit João Félix

Atletico wollte im Ballbesitz durch das Zentrum von Bayer ins letzte Drittel gelangen. Der Plan ging tatsächlich auf.
Wenn Schick und Co. sich fallen ließen, um im 4-2-3-1/4-4-2 gegen den Ball zu stehen, konnten die Halbverteidiger Felix in den Schnittstellen im Zentrum finden.
Durch Felix´ Position im Zentrum bildete sich eine Raute, in der für Atletico nummerisch gegen Hlozek, Demirbay und Andrich Überzahl entstand.
Das musste dann einer der Innenverteidiger auffangen, in dem dieser aus der Kette ausbrach.
Andrich und Demirbay wurden von den Achtern Saul und Llorente durch ihre breite Positionierung, die teils auf die Flügel gingen, rausgezogen, sodass sich die horizontale Kompaktheit zwischen Andrich und Demirbay auflöste, und Felix in der Linie den Raum im Zentrum gewann. Morata bewegte und löste sich meist in richtigen Momenten von Tah, wenn Tapsoba ausbrach. Der ballferne Flügelverteidiger Molina war vorbereitet und stand bereits hoch, konnte somit in der letzten Linie für Tiefgang sorgen, als Morata auf die Kette der Werkself zulief.

In der 14. Minute hatte sich das Bayer-Zentrum erneut aufgelöst, als Atletico im tiefen Aufbau anlockte und Felipe in den Sechser Raum hochschob und Schick band. In Atleticos letzter Linie positionierte sich Saul breit, band Andrich dort, während sich Tah und Tapsoba zwar nominell in Überzahl gegen Morata befanden, diese aber durch Felix´ schwimmendes Freilaufverhalten eigentlich Gleichzahl war.
Die Staffelung im hohen Pressing stimmte zu dieser Phase nicht, weil das Zentrum personell kaum besetzt war (einzig Demirbay, der von Kokes tiefen Position auch rausgezogen wurde).

Bayer stellte unmittelbar danach im hohen Anlaufen um, und hatte die 4-2-3-1 Staffelung, die Hlozek den Sechser-Raum Atleticos zustellte und Demirbay gewährleistete, seinen eigenen Sechser Raum abzusichern.

Bayer hatte Probleme, Felix im Zentrum zu kontrollieren. In jeglichen Spieldynamischen Situationen (Bayer´s Gegenpressing) zogen Llorente, Koke, Saul durch tiefe Positionen Andrich (verschob meist ballnah, um personelle Überzahl und Raumkontrolle zu erlangen), Hlozek und Demirbay mannorientiert raus, sodass Felix im Zentrum durch vertikale Pässe der Verteidiger gefunden werden konnte.
Meist rückte Tah auf Felix raus, Tapsoba konnte durch seine Schnelligkeit, sowie Beweglichkeit die Räume dahinter gegen Morata verteidigen.

Bayer hatte jedoch eine stabile Kontrolle im Defensivdrittel, die durch quasi vier Innenverteidiger in der Kette gestärkt wurde. So ließ Bayer einen Schuss auf das Gehäuse zu.

Leverkusens Raute und Andrich im Aufbau

Die ersten fünf Minuten presste Atletico sehr hoch. Felix und Morata pressten die Innenverteidiger und Keeper, lenkten sie auf die Außen. Einer der Achter stellte den zentralen Sechser der Werkself zu, während Koke und der ballferne Achter absicherten. Die Flügelverteidiger pressten die flachen Außenverteidiger Kossounou und Hincapie. Hermoso und Witsel schoben hoch auf die Flügelspieler von Bayer.

Nach den ersten wilden fünf, sechs Minuten schaltete Atletico in ihren typischen Modus um und verteidigte im Mittelfeldpressing in 5-3-2 Staffelungen.

Bayer baute aus einer 3er-Kette auf, in der Andrich sich zentral fallen ließ und Demirbay den Sechser gab.

Dabei fiel auf, dass sich beide Flügelspieler CHO und Diaby jeweils ballnah tief fallen ließen, während Hincapie hoch in die letzte Linie schob; bzw. Kossounou einrückte, um das Passfenster von Tah/Andrich/Demirbay zu Diaby zu öffnen.

Diabys diagonales Abkippen auf tiefe Flügelpositionen, neben Felix, schaffte Andrich die Passoption und gleichzeitig das verdichtete „2-3“ Zentrum zu umgehen. Auf den Flügeln konnten dann dynamisch Drei-gegen-Zwei Überzahlsituationen geschaffen werden, indem sich Demirbay in den Zwischenlinien ballnah anbot. Räume hinter Mandava wurden somit früh geöffnet, weil dieser auf Diaby rausrückte. Kossounou besetzte dynamisch diese Räume.

Hlozek sollte die Schnittstellen besetzen, die sich aufgrund der Verschiebebewegung der restlichen Kette ergaben, und hatte die Aufgabe Tiefe zu geben, um hinter dieser eingesetzt zu werden.

Was für Leverkusens Defensivdrittel galt, galt auch für Atleticos Verteidigung vor und in der Box.
Auch die Gäste ließen lediglich einen Torschuss zu.
Im Angriffsdrittel auffällig waren vor allem Demirbay und Diaby, die mit Halbfeldflanken und Chipbällen hinter die Kette bemüht waren, Torgefahr zu erzeugen. Andrich war in zweiter Linie tonangebend und fiel ebenfalls mit (langen) Bällen hinter die Kette auf, die Schick als Zielspieler ausmachten.

Die zweite Halbzeit: Fing an, wie sie endete und nahm mittendrin Fahrt auf

Die ersten 15 Minuten der zweiten Hälfte waren von der Spielanlage beider Teams nahezu identisch. CHO fiel im letzten Drittel in den Halbräumen vereinzelt auf, indem er Dribblings zog und das Angriffsspiel an Tempo gewann, durch seine Seitenverlagerungen.
Atletico wechselte bereits zur Pause und brachte de Paul für Saul, jedoch hatten die Wechsel in der 62. Minute einen deutlich höheren Wert für den folgenden Spielverlauf:

Mit Carrasco und Griezmann brachte Simeone zwei Akteure, die ihre Positionen im 5-3-2 deutlich offensiver interpretierten, als ihre Vorgänger.
Die Pressinghöhe der Gäste verschob sich nach vorne, teils ins Angriffspressing, in der sich 5-2-3 Staffelungen ergaben.

Atletico presste höher und ging Mannorientierungen ein, um direkte Duelle zu erzwingen.
Im Spiel mit dem Ball wollten die Gäste mit Carrasco und Llorente mehr Druck über die Flügel erzeugen. Zusätzlich wollte Simeone mit Griezmann und Felix mehr Spielstärke im letzten Drittel gewinnen.

Gegen die Mannorientierungen spielte die Bayer-Elf im tiefen Aufbau mit zwei Achtern (Demirbay und CHO) vor Andrich.
Generell reagierte Seoane frühzeitig auf Simeones Einwirken und brachte mit Frimpong für Hlozek mehr Umschaltstärke. Diaby zog nach links, CHO ins Zentrum, respektive in den rechten Halbraum, während Frimpong im Positionsspiel als Breitengeber agierte.
Gegen den Ball zog es Frimpong in die Kette und stärkte somit die Verteidiger gegen Carrascos Angriffsspiel auf dem Flügel.

Atletico nun schlampiger im Defensivverhalten; Leverkusen mit mehr Umschaltmomenten und dem Führungstreffer

Auf die tiefen Positionierungen von den Außenverteidigern Kossounou und Hincapie ließen sich die ballnahen Achter (i. d. F. de Paul) raus ziehen und Koke war um Kompaktheit bemüht, welche er nicht halten konnte.
Griezmann´s Positionierungen waren hoch und in der horizontalen Linie mit zu großen Distanzen, um Koke und de Paul zu unterstützen.

Dies machte sich bemerkbar, als Koke de Pauls Ausbruch absicherte, jedoch niemand den Lauf von Andrich mitgehen konnte.

Fazit

Die Werkself blieb im Defensivdrittel konstant stabil und ließ wenig zu.
Mit Ball waren die Gastgeber darum bemüht, Spielkontrolle auszustrahlen, in dem sie im klaren Positionsspiel, ohne viel Variabilität und/ oder Anpassungen, auf vertraute Muster zurück gegriffen haben.
Das gab Bayer das Vertrauen.
Als Atletico beschloss, aggressiver und ein Stück weit ungeduldiger zu werden, bekam Bayer mehr Umschaltmomente, die sie nutzen konnten.
Wie diese gefährlich werden können, zeigten sie bereits in der 49. Minute, als Diaby nach Ballgewinn Schick einsetzte, der die Latte traf (Nachschuss Hlozek – Pfosten).

Mit Frimpong hat Trainer Seoane eine glückliche Wahl getroffen, aber vor allem eine, die der Spieldynamik gerecht wurde.

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