Eine Analyse Deniz & Marc.


Gladbachs Aufbau: Kone übernimmt Verantwortung, Plea hilft
Die Fohlen bauten gegen eine aus dem Mittelfeldpressing agierenden Gegner in 3-1 Strukturen auf, welche zu 2-2 umkehrten, als Kone ballfern wieder hoch in den Sechser-Raum schob.
Durch die 3er-Kette im Aufbau, erzeugte Kone Überzahl in erster Linie gegen Guirassy und Pfeiffer.
Kone war gerade in der Anfangsviertelstunde Initialzünder in der Spieleröffnung, sowie im progressiven Balltragen.
Dazu half Spielmacher Plea, der in verschiedenen Höhen auf die Flügel zog, oder in die letzte Linie ging, um den Zwischenraum zu öffnen (Endo zog mit).
Durch den öffnenden Zwischenraum konnte Kone seine Dynamik und Physis nutzen und Räume überbrücken.
Zog Plea in höheren Zonen auf die Flügel, so öffnete sich der Halbraum, weil Tomas im 4-4-2 des VfBs mannorientiert gegen Plea agierte.
Im Angriffsdrittel angekommen entstanden die typischen BMG-Dreiecke, die besonders über die spielstarke, linke Seite mit Bensebaini, Kone und Plea mehrmals bespielt wurden. Dazu später mehr.
Generell bewies die Elf von Daniel Farke im Anlocken die nötige Ruhe aus, um das mannorientierte 4-4-2 Pressing des Gegners zu überspielen. Tobias Sippel steigerte sich mit Ball deutlich, fand immer wieder die „richtigen“ Lösungen über Zuspiele zu Kone, Weigl oder Friedrich/Jantschke.
So konnten die Fohlen, z. B. in der 21. Spielminute, das Pressing von Guirassy auf Sippel nutzen, um über Weigl hinter diesem aufzulösen und auf dem Flügel für Überzahl zu sorgen.

Während Plea sich eher auf die Flügel fallen ließ oder direkt in die letzte Linie ging, hatte Hofmann ein fallendes Verhalten im Positionsspiel und kreierte somit dynamisch Zwischenräume, hinter den Sechsern Endo/ Ahamada.
Die Fohlen konnten durch Anbindungen, schnelles Kombinationsspiel und der gebildeten Dreiecke, Räume bespielen und überbrücken.
In Idealfällen verpasste es Christoph Kramer in zwei Situationen das Spiel, nach Auflösungen im Zentrum, auf die ballferne Seite zu verlagern, die ein Zulaufen auf die gegnerische Kette im Tempo ermöglicht hätten.
Frühe Führung im Rücken gibt direkt Sicherheit
Die Fohlen starteten mit einem klar erkennbaren Plan. Stuttgart ins Zweifeln zu bekommen und entscheidende Spieler beim Gegner in Entscheidungsnot zu zwingen. Dabei war es immer wieder Hofmann, der ein extrem variables Positionsspiel aufwies. Während er eigentlich als Rechtsaußen agierte, befand er sich häufig im Achter- oder Zehnerraum, damit Borussia ballnah eine Überzahl generieren konnte und somit Kramer auch die Möglichkeit zu geben, wie beim Führungstreffer Mavropanos, den vermutlich am mutigsten vorwärtsverteidigenden Spieler der Schwaben zu binden und Räume zu generieren.
Bei der Führung löste die Borussia die Überzahl dadurch sehr clever, dass Plea sich im Rücken von Stenzel breit löste, um in seinem Rücken die Möglichkeit zur Flanke zu eröffnen.
Besonders bemerkenswert, ist Hofmann jedoch nicht nur in seiner zentralen Positionierung als Lösungsmöglichkeit des Ballbesitzes am Flügel, sondern dann in der Rückraumbesetzung. Er erkannte den freien Raum im Rücken der Abwehr, den Mavropanos nicht sehen konnte, da er von Kramer gebunden war und Anton und Sosa, die sich eher auf Thuram in der Box konzentrierten, diesen aufgeben mussten.
Der Abschluss von Hofmann ist recht anspruchsvoll, aber die Vorbereitung dieser Situation ist das wahrlich bemerkenswertere an der Situation.
Das 2:0 als Beweis, dass die Arbeit von Farke und seinem Team sich auszahlt
Bei der zwischenzeitlichen 2:o Führung lässt sich genau das erkennen, was Farke mit seinem Team in den letzten Wochen und Monaten nach und nach implementiert hat.
Im Aufbau zwang Borussia den VfB in eine gewisse Unordnung, durch den diametral abkippenden Koné und einrückenden Bensebaini im 6er Raum.
Zu erwähnen ist hierbei jedoch auch der riskante Eröffnungsball von Tobi Sippel auf Hofmann, der wieder einmal fernab seiner Position auftaucht und dadurch Sosa ins Zweifeln bringt, ob er auf Scally hochschieben soll. Das Quentschen Glück, dass der Ball von Hofmann auf Scally durchkommt, wird von Letzterem perfekt erkannt, als er den direkten vertikalen Ball auf Thuram spielt, der im direkten Duell gegen Mavropanos steht, da Kramer Anton bindet, indem er in Sosas Rücken einstartet. Sosa kommt beim versuchten Pressing auf Scally nur zu spät, weil Hofmann ihn vorher zur Entscheidung zwingt und Stuttgart generell nicht bereit war, zu risikoreich hoch zu schieben, was sich speziell durch das Mittelfeldpressing unter Beweis stellt.
Thuram erkannte die Situation und ließ direkt auf Bensebaini klatschen, der aufgrund des variablen Positionsspiels von Koné und ihm hier keinen direkten Gegenspieler hat und den direkten Pass Pléa spielte, wodurch die Verlagerung auf die ballferne Seite lediglich 3 Kontakte benötigte und Pléa das direkte Duell gegen Stenzel bescherte, der dann seinerseits etwas zu gierig ist und Pléa im ersten Kontakt unter Druck setzen möchte, was diesem entgegen kam.
Der Rest war dann einfach individuelle Klasse: Pléa ließ Stenzel aussteigen, Thuram erkannte die Situation und setzte sich zwischen Anton und Mavropanos ab, wodurch sich das Passfenster für AP14 ergab, der einen perfekten Außenristpass spielte, um Thuram die freie Torchance zu ermöglichen.
Man kann oft einiges kritisieren, aber dieses Tor war von der Entstehung bis zur Vollendung nahe der Perfektion.
Das Gegentor als Dämpfer
Der Treffer der Stuttgarter ist mit Sicherheit das Produkt der individuellen Klasse von Tiago Tomas.
In dieser Situation hat die Borussia eigentlich vieles deutlich besser gemacht, als es zuletzt in dieser Saison der Fall war. Hofmann unterstützt Scally am Flügel, das Übergeben der kreuzenden Führich und Sosa funktioniert. Hofmann hat einen guten Zeitpunkt für den Zweikampf mit Sosa und verliert diesen, wodurch Sosa 3 Meter Platz gewinnt und in den Halbraum dribbeln kann, wodurch Hofmann nicht mehr die Option des Zweikampfes bekommt.
Die Kommunikation zwischen Friedrich und Weigl stimmt dann in der Folge leider nicht, als Tomas sich von Friedrich löst und zwischen Weigl und ihm auftaucht. Entweder Friedrich schiebt mit oder gibt Weigl das Kommando des Aufnehmens des Gegners in seinem Rücken.
Der Rest ist dann individuelle Klasse von Tomas, der merkt, dass Friedrich mit Tempo kommt, er ihn fintieren kann und dann einen nahezu freien Abschluss in der Box generieren und auf 2:1 verkürzen kann.
Gladbachs mannorientiertes Pressing erinnerte an das Heimspiel gegen RaBa Leipzig (3:0)
Gladbach presste vor allem in den ersten 30 Minuten sehr früh und intensiv. In 4-4-2 Strukturen löste Kramer das Pressing aus.
Dabei gingen die Fohlen hohe Mannorientierungen der Sechser ein, die auf Endo und Ahamda sprangen.
Durch die hohe Pressingintensität zwang Gladbach den Gegner zu frühen langen Bällen.
Gute Winkel als Hilfe im Anlaufen
Die Borussia variierte im Anlaufen von klarer Mannorientierung und guten Winkeln, um Spieler durch gezielte Bogenläufe aus dem Spiel zu nehmen.
Im vorliegenden Beispiel spielt Stuttgart einen kurzen Abstoß und sowohl Kramer als auch Thuram geben Druck auf den ballführenden Mavropanos, aber finden gute Winkel, um Anton und Endo als mögliche Passempfänger zu blockieren. Koné agiert hier als einziger Spieler mit direkter Mannorientierung und zwingt die Stuttgarter zum langen Ball, da die kurzen Passoptionen allesamt unter Bedrängnis stehen.
Dieses Vorgehen schafft noch mehr Kompaktheit im Zentrum, da Weigl nun nicht komplett auf Endo hochschieben muss und für einen aufkommenden zweiten Ball nach Flugball Mavropanos im Zentrum bereitsteht.

So pressten die Fohlen auch aus dem Spiel heraus den VfB tief in ihre eigene Hälfte, dadurch, dass Kone und Weigl früh ihre Gegenspieler fanden und Kramer, sowie Thuram direkte, frontale Anlaufwinkel nutzen konnten, um Anton und Mavropanos zum Rückpass (Torhüter Müller) zu zwingen.
Dabei erwischte Kramer regelmäßig gute bogenförmige Winkel, um im Anlaufen des Torhüters Innenverteidiger Anton zu schließen. Müller schlug lang.
In der Anfangsviertelstunde hatte der VfB daraus resultierend lediglich 27% Ballbesitz und eine Passquote von 82%.

Die langen Bällen kontrollierte das IV-Duo Jantschke und Friedrich, sodass sie auch zur deutlich besseren Zweikampfquote zu Beginn (56% – 36%) beitrugen.

Gladbach ging mit dem hohen Pressing, welches von der Struktur und Herangehensweise an das Heimspiel gegen RaBa Leipzig erinnerte, natürlich aus Risiken ein, die der VfB nicht zu nutzen wusste.
Guirassy ließ sich aus der letzter Linie selten in Zwischenräume fallen, um bspw. einen Chipball von Müller entgegen zu nehmen. So ging der Stürmer eher in direkte Duelle mit dem IV, oder ließ sich eben zu spät fallen, als der VfB bereits ballfern isoliert war.

So schoben die Fohlen auf Ballseite mit der Viererkette stark ein, um in Ballnähe Überzahl zu haben.
Das Risiko, durch einen direkten verloren Zweikampf, Stuttgart 4-auf-3 zulaufen zu lassen, oder diesen die Möglichkeit der ballfernen Verlagerung (Führich) zu ermöglichen, war gegeben.

In der letzten Viertelstunde der Partie kontrollierte der VfB den Ballbesitz mit überladenen Sechsern auf Ballseite.
Kone und Weigl konnten darauf nicht gleichzeitig agieren, sodass einer im Raum ohne Gegenspieler stand und dabei keinen Zugriff auf andere bekam.
Ballferne Verlagerungen – die durch die eingeschobene Viererkette provoziert wurden – bespielten die Gäste über Führich.
Über Stuttgarts linke Seite wurde der Anschlusstreffer zum 2:1 eingeleitet.
Führich und Sosa lösten über die Flügel auf und konnten im Halbraum den einlaufenden Tomas bespielen, der von Friedrich nicht rechtzeitig gedeckt wurde. Der IV agierte im Raum, fühlte sich unwohl, diesen zu verlassen und die Distanz innerhalb der Kette zu vergrößern. Als Tomas den Ball abschirmen, respektive vorbeilegen will, kam Friedrich die berühmten Millisekunden zu spät, um das Aufdrehen verhindern zu können.
Generell bauten die Schwaben zu späteren Spielphasen mit einer 3er-Kette auf, welche den Fohlen bereits gegen Frankfurt zu schaffen machte.
Gladbach ging nun keine Unterzahl (2vs3), wie gegen Frankfurt ein, sondern fing dieses mit einem rausschießenden Sechser (i. d. F. Weigl) auf.
Stuttgart konnte in dieser Phase mittels diagonale Verlagerungen der Innenverteidiger auf die Flügel, Gladbach in ihre defensive Formation drücken, in dem Hofmann das Zentrum absichern musste, welches Führich nach Weigls Ausbruch besetzte.
So konnte Sosa Freiräume auf dem Flügel genießen, Stuttgart auf Ballseite verschieben und gleichzeitig im Gegenpressing präsent sein.
Die PPDA-Werte (5.7 zugelassene Pässe, ehe es zu einer def. Aktion kam) und die durchschnittlich hohe letzte Linie (59 Meter hoch) zeigen auf, wie präsent der VfB gegen den Ball zwischen der 31. – und 45. Minute war.

Die zweite Halbzeit begann für Gladbach ordentlich. Die Fohlen hatten Zugriff, wie in den ersten 30 Minuten und konnten Abschlüsse generieren.
Generell entwickelte sich die zweite Halbzeit in eine unruhigere im Ballbesitz. Die Fohlen spielten schneller nach vorne, hatten dabei zwar genug Personal, dafür aber weniger Ballbesitzminuten.
Gladbach hatte ein bis zwei Szenen, in der sie mit dem 3er-Aufbau zu kämpfen hatten (Hofmann schoss zu früh raus, gab vertikale Kompaktheit auf und Scally musste in 1vs2-Unterzahlsituationen agieren), hatte jedoch die eigene Box, bis zur Großchance von Guirassy am Ende der Partie, stets unter Kontrolle.
Eine Antwort auf „Gladbachs hohes Pressing vs. Stuttgarts Ideenlosigkeit – Spieltaktische Analyse #BMGVfB (3:1)“
Ich fand’s im Allgemeinen diesmal mit relativ viel Fokus auf 2. Bälle, besonders wenn wir nach dem versuchten Rauskombinieren wieder beim freigelassenen Friedrich gelandet sind und der den Ball über Außen nach vorne bis in die vorderste Linie geschlagen hat.
Beide Tore hingegen ein Beispiel für ‚Farke-Ball‘ und der Beweis, dass Ballbesitzfußball auch zielgerichtet sein kann.
Beeindruckt war ich vom Duo Führich/Sosa. In der Liga hat es sich rumgesprochen, dass Hofmann immer wieder Probleme hat, wenn er vor die Wahl ‚rausstechen/Linie halten/mannorientiert verschieben‘ gestellt wird. Das haben die zwei echt gut bespielt. Einer von beiden als Alternative, wenn Ramy gehen sollte?
Next exit Bochum. Bei gleicher gegnerischer Grundordnung unter Pressingcoach Letsch sieht’s nach noch mehr Räumen für uns im vordersten Drittel aus. Hoffe, dass wir daraus Kapital schlagen können.