Erst Doppel-Abschluss Thuram, im Anschluss der Gegentreffer
Gladbach startete mit Thuram (für Embolo) und Beyer (für Friedrich) im 3-4-1-2.
Hofmann agierte als 10er im Anlaufen.
Dies wirkte sich positiv auf das Anlaufverhalten aus, denn in der Vergangenheit schaffte es das Team rund um Breel Embolo nicht, die Passfenster zu den gegnerischen 6er zu schließen.
Hofmanns Stärken im Anlaufen machten sich dahingehend bemerkbar, dass Wolfsburgs 6er Arnold (normalerweise Zielspieler im Spielübergang) nicht gefunden werden konnte.
Hofmanns Anlaufen zu Embolos unterschied sich in zwei maßgeblichen Dingen:
- Der deutsche Nationalspieler startete das Anlaufen aus der tieferen Position. Während Embolo meist zwischen den Innenverteidigern begann, somit den Winkel zum Zustellen des 6ers nicht traf, begann Hofmann dies aus der Mannorientierung zu Arnold. Das Anlaufen auf den zentralen IV Bournaw war effektiv, weil er mit seinem Deckungsschatten das Passfenster zum 6er Arnold schloss.



- Embolo lief im Auswärtsspiel in Bielefeld meist frontal an und gab dem Gegner die Möglichkeit zu diagonalen Freilaufbewegungen (Lösen des gegnerischen Deckungsschatten).
Gegen Dortmund versuchte er dies zwar mit bogenförmigen Läufen zu verbessern, scheiterte allerdings im Anlaufwinkel, die er beim Startpunkt des Anlaufens nicht traf.
Das gelang dem 29-Jährigen besser.
In Abb. 4 zu erkennen, wie mit seinem bogenförmigen Anlaufen Druck auf den ballführenden erzeugt, gleichzeitig Arnold weiterhin gedeckt hält (Stichwort: Deckungsschatten).

Wichtig zudem, war die Kompaktheit der vordersten Linie (Thuram, Hofmann u. Plea). Dadurch konnte Arnold sich nicht frei positionieren (diagonale Winkel), weil Thuram ihm den Raum nahm.
Wenn IV Lacroix durch seine breite Positionierung Thuram aus dem Zentrum zog, gab das Arnold zwar mehr Raum, um sich aus dem Deckungsschatten von Hofmann zu lösen, allerdings fing Neuhaus dies mit seiner Vorwärtsbewegung ab.

Folge dessen war, dass die Elf von Florian Kohfeldt im Aufbau zum lang-geschlagenen Ball gezwungen wurde.
Damit hatte die Borussia mehr zu kämpfen, als die Wölfe es taten.
Denn dann folgte das Tor von Jonas Wind. Ausganspunkt: lang-gespielter Aufbau, der beim zweiten Ball bei den Gästen landete.
Hofmann lief vorne erneut an, zwang Casteels zum langen Ball.

Dadurch, dass Hofmann als 10er vorne anlief, fehlte er im genannten Raum. Lainer gewann zwar das Kopfballduell, dessen Ball landete aber im 10er Raum Gladbachs, bei Arnold.

Die Positionierung von Neuhaus war okay. Er hielt die Kompaktheit zwischen ihm und 6er Partner Kramer.
Der Abstand zwischen Beyer und Bensebaini ist zu groß. Bensebainis breite Positionierung ermöglichte den Schnittstellen Pass.
Eine nahe Möglichkeit wäre gewesen, wenn Bensebaini Kruse bei Annahme presst, Beyer die Tiefe gg Baku absichert. Dies ist nicht geschehen, weil Bensebaini entschied, sich fallen zu lassen, weil Thuram zurück sprintete.
Ein raus rücken von Jordan Beyer (Bensebaini sichert dann die Tiefe ab), wäre in der Theorie die sinnvollste Variante gewesen.
In einer 5er-Kette ist das aggressive Verhalten (gerade von den seitlichen Innenverteidigern) wichtig, um die Doppel-6 zu unterstützen.


Kruse konnte den Pass spielen, während sich die restliche Kette nicht optimal positionierte.

Ginters Abstand zum Gegenspieler wurde zu groß, sodass der eine Meter am Ende fehlte.

Ein BorussiaExplained Ansatz der diagonalen Abwehrkette zur Verhinderung des Gegentreffers
Durch diagonale Linienbildung verschaffen sich die ballentfernten Verteidiger eine gute Ausgangslage für mögliche Szenarien:
– Ballentfernter Verteidiger bestimmt die Abseitslinie
– Ballentfernter Verteidiger kann reagieren, wenn die ballnahen ausgespielt werden
– Ballentfernter Verteidiger kann diagonalen Pass zu seinem Gegenspieler abfangen.
Dadurch, dass Ginter in der Kette die höchste Positionierung als ballentfernter Verteidiger hatte, fehlte ihm der Kontakt zum Gegenspieler Wind. Dieser stand zwar beim Zeitpunkt Pass von Kruse zu Baku im Abseits, aber letztendlich nicht, als dieser bei Bakus Hereingabe traf.


Dadurch würde Ginter zwar ein mögliches Abseitsspiel verhindern, könnte aber manuell auf den Pass reagieren, wenn er sieht, dass er durch seine Position das Abseits aufheben würde. Folge: aus der Kette rausrücken.
Der Kontakt zum Gegenspieler Wind wäre da gewesen
Aufbau Hütter – Konter Kohfeldt
Die Borussia schaffte es zunächst Überzahl im Zentrum zu kreieren. Florian Kohfeldt spiegelte in der Theorie die Grundordnung mit 5-2-3.
Adi Hütter ließ aber in einer 3-1 Staffelung aufbauen, zog Hofmann zurück und Neuhaus vor. So schafften die Gastgeber Überzahl im Zentrum gegen die Doppel-6 (Arnold und Vranckx).

Kramer ließ sich situativ in die Kette fallen, das hinderte BMG allerdings nicht im Aufbau. Nach Seitenverlagerung war Raum für den in der Breite stehenden Ginter.
Der Innenverteidiger war Antreiber des Aufbauspiels und hatte mit 101 Ballkontakten die meisten der Fohlenelf (Quelle: SofaScore.com).


Balltreiber Ginter gelang es regelmäßig in die Hälfte der Wölfe zu gelangen.
Die Unterzahlsituation machte sich auch dann bemerkbar, wenn Ginter diagonal eröffnete. Vranckx schob raus, Plea befand sich in den Schnittstellen.

Der Franzose ließ klatschen, was gelang, weil Arnold zur Unterstützung eilte, jedoch gegen BMG Dreiecke in Unterzahl war. So konnten die Gastgeber erfolgreich verlagern.

Vranckx rückte gegen Neuhaus raus, der dadurch den 6er Raum aufgab. Nach Neuhaus´ Verlagerung stach Plea in den Raum der roten Zone.

Florian Kohfeldt konterte nach 13 Minuten und ließ Philipp zu der Doppel-6 einrücken. Daraus entstand ein 5-3-2 gegen den Ball und eine Gleichzahl im Mittelfeldzentrum.

So konnte Vranckx gegen Hofmann rausschieben, ohne dass Arnold im Zentrum in Unterzahl geriet, weil Philipp zusätzlich absicherte.


Hütters Überzahl wurde gegen Kohfeldts 5-3-2 gekontert.

Gefährlich wurde es für Wolfsburg nach der Umstellung noch einmal in der ersten Hälfte, als die Sturmreihe Wind und Kruse nicht gut gestaffelt waren, und BMG erfolgreich verlagern und somit die erste Reihe überspielen konnte. Wenn Vranckx Ginter anlaufen musste, war der Raum für Hofmann gegeben, um auf die Kette zuzulaufen. Brooks musste aus der Kette weichen, der Doppelpass mit Thuram sorgte dafür, dass Hofmann halb-rechts frei zum Abschluss kam.
3 Ecken und ein Tor und Pleas Löffelball zum Anschluss
Gladbach hatte die Kontrolle im Ballbesitz, die nach der frühen Doppelchance von Thuram und Hofmann in der 18. Minute allerdings zu keinen nennenswerten Torchancen führte.
Die Abwehrkette hatte immer wieder mit (von selbst erzwungenen langen Bällen des Gegners) Probleme, nachdem Elvedi und Beyer nicht miteinander kommunizierten und Wind alleine auf das Tor von Sommer zulaufen konnte – 20´.
Bornauw köpfte in der 33. Spielminute, nach der dritten Ecke in Folge, zum 0:2 ein.
Die Borussia hätte dann zusammenfallen können. Der Rucksack aus Dortmund, der 6 Gegentore schwer war, wurde noch schwerer, als die Wölfe effizient zwei dazu packten.
Sommers Zeichen an Bornauw, nach dessen Tor, war das Zeichen im Stadion und an die Fans die Emotionalität nicht gegen die eigene, sondern an der gegnerischen Mannschaft auszulassen. Borussia blieb im Spiel, nachdem Plea im Gegenpressing zunächst den Ball selbst gewann, und diesen dann gelöffelt in den einzig freien Raum – zwischen Innenverteidiger und dem rechten Flügelverteidiger – hineinlöffelte. Thuram schloss erfolgreich und unhaltbar ab.
Erneute Probleme bei Verteidigen von Flanken – Philipp mit der Großchance kurz vor der Halbzeit
Kruse löste mit Arnold etwas glücklich die Situation auf den Außen, als es die Doppel-6 Neuhaus und Kramer hinauszog und somit das Zentrum frei war.

Elvedi rückte folgerichtig aus der Kette um Balldruck zu erzeugen und Ginter rückte auch raus, um gegen Wind nachzuschieben. Öffnete aber somit den Raum hinter sich, den Elvedi bereits auch hergeben musste.

Diesen Raum belief Philipp.
Nach individuellen, in den systembedingten Fehlern zu suchen, ist schwierig.
Die Option, dass Lainer einschieben muss, ist definitiv da.
Auch kann man sich darüber streiten, ob Ginter aus der Kette zusätzlich raus muss; Ja, muss er. Das System Hütter fordert genau dieses Verhalten.

Beyer ist im Zentrum in Unterzahl. Auch hier kann man sagen, dass der junge Innenverteidiger sich in Not dem schlimmeren Übel (Philipp im Zentrum frei) widmen und den Pass von außen in den Halbraum ggfs. zulassen muss.

Am Ende, und das Problem herrscht seit längerem (Erinnerung an das Heimspiel gegen Augsburg), ist es im System zu einfach für den Gegner, für Unordnung in unserem Strafraum zu sorgen.
Individuell ist jeder Fehler zu analysieren, und folgerichtig abzustellen. Diese entstehen allerdings nur dann, wenn das System nicht greift. Wir reden sichtlich nicht über einen Fehlpass von Sommer 5m vor dem Gehäuse in den Fuß des Stürmers, oder von einem missglückten Klärungsversuch, der unglücklich irgendwo landet.
Das System Hütter fordert stets ballorientiertes Pressing, auch von Innenverteidigern in sämtlichen Spielsituationen.
Kohfeldts Plan gegen Ginter als Aufbauspieler – Zweite Halbzeit mit weniger Struktur im Aufbau der Fohlen
Kohfeldt stellte das Anlaufen gezielt um, stellte größtenteils auf eine mannorientierte Zustellung um. Kruse agierte gegen Kramer, Vranckx und Gerhardt liefen mannorientiert die Innenverteidiger der Fohlen an.
Wind lief bogenförmig an, schloss das Passfenster zu Ginter und zwang Elvedi somit das Zuspiel zu Beyer.
Vranckx lief Beyer an, Arnold stellte den ballnahen 6er (i. d. F. Neuhaus) zu. Beyer war zum Rückpass zu Sommer gezwungen, der dann lang rausschlug.

Die langen Bälle, die Borussia schlug endeten damit, dass das Aufrücken der Mannschaft schwerfiel, weil die Wege weiter wurden – insbesondere für Neuhaus und Kramer, die die Kompaktheit nicht mehr halten konnten.
Beyers langer Ball landete bei Arnold, der auf Lacroix klatschen ließ. Neuhaus war bemüht gegen Arnold nachzuschieben, Kramer ebenso. Allerdings öffneten sich ballfern diagonale Eröffnungsfelder (Gerhardt) für WOB, die sie ausnutzen konnten.


Kones Einwechslung und Emotionale Fohlen drängten auf Ausgleich und noch mehr
Ab der 60. Minute kam Kone für Kramer, der eine andere Spielausprägung mit sich bringt.
Allerdings wurde das Spiel zunehmend wilder und Automatismen sind verloren gegangen. Die Fohlen wurden emotionaler, positiv für Abschlüsse rund um die Box, negativ im Verteidigen. Die Wölfe hatten speziell auf ihrer linken Seite zunehmend Ausbrüche. Auch im Konterspiel waren ein paar Angriffe dabei, die sie in letzter Instanz nicht gut ausspielten.
Die rote Karte von Innenverteidiger Lacroix, in der 70. Minute, sorgte dafür, dass die Wolfsburger passiver wurden und Gladbach noch aktiver.
Abschlüsse, Flanken, gewonnene zweite Bälle und Ausbrüche über die Flügel, zwangen Keeper Casteels zu einigen Paraden.
Ginters vermeintlicher Siegtreffer löste eine kurzzeitige Ekstase aus.
Der Punktgewinn ist für beide Parteien leistungsgerecht. Zwar hatten die Fohlen mehr Abschlüsse, allerdings brauchte Wolfsburg nur 3 Schüsse aufs Tor + die Chance von Philipp, die er über das Tor schoss, um BMG vor große Probleme zu stellen.
Die Borussia zeigte Energie, Emotionalität und Willensleistung. Wenn die Energie aufrechterhalten bleibt, dann wird diese für die nötigen Punkte sorgen, die für mindestens Platz 15 reichen werden. Ohne Wenn und Aber!
Die Defensive ist offen, wie ein Scheunentor. 48 Gegentore nach 24 Spielen. Seit der Derbyniederlage aus der Hinrunde fielen 37 Gegentreffer in 13 Spielen, im Schnitt also 2,84 pro Spiel. Das ist zu viel! Es muss sich was ändern. Hofmann plädierte im Kicker bereits für einen neuen Ansatz, der für einen 1:0 / 2:1 Sieg reichen würde. Why not, Adi Hütter?

Eine Antwort auf „Gladbach vs Wolfsburg 2:2 – Taktische Analyse“
Ich sehe die Szene mit Philipp’s Großchance so:
Kruse gewinnt das Pressing gegen Kramer und Hofmann – 1. individueller Fehler. Kruse muss vom Ball getrennt werden, notfalls durch Foulspiel, dann passiert gar nichts.
Aber: Arnold nimmt auf und marschiert diagonal zum Tor, spielt dann einen Weltklasse-no-look-Pass auf Außen, wobei der nachsetzende Neuhaus den Pass fast noch blockt, wenn er eine Schuhgröße mehr gehabt hätte – kein individueller Fehler, sondern Pech.
Dann hätte jeder den Einsatz von ihm gelobt- super abgelaufen, tolle Rückwärtsbewegung, sofortiges starkes Umschaltspiel, Mannschaft ist super eingestellt, hohes Verdichten des Mittelfelds, hohe Aggressivität etc. So eng liegen die Dinge beieinander. Es hängt an Kleinigkeiten.
Elvedi und Ginter agieren folgerichtig – keine individuellen Fehler.
Das Problem liegt bei Lainer, der einfach die falsche Orientierung hat, da er zweimal zu Wind schaut, statt zu Philipp verschiebend aufzuschließen. Thekensportlich gesprochen: Er pennt. Eindeutiger individueller Fehler.
Für mich muss es daher umgekehrt heißen: Das System greift nicht, WEIL individuelle Fehler entstehen.
Frage: Liegt es am System oder an der individuellen Qualität?