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Ein Punkt in Wolfsburg ist auch ein Punkt – Spieltaktische Analyse

Am vergangenen Samstag holte die Borussia einen Punkt in Wolfsburg trotz zweimaliger Führung und musste sich am Ende glücklich schätzen, nicht ohne Punkte die Heimreise anzutreten.

Am vergangenen Samstag holte die Borussia einen Punkt in Wolfsburg trotz zweimaliger Führung und musste sich am Ende glücklich schätzen, nicht ohne Punkte die Heimreise anzutreten.

Warum die Borussia ihre Dominanz nicht wie gewohnt auf den Platz bringen konnte und warum der Punkt letztlich doch recht glücklich war, erfahrt ihr hier in der Analyse von Marc.

@MarcSanders0803

Aufbau der Wölfe in 4-1 Struktur zu Beginn

Wie im Bild zu sehen, bauten die Wolfsburger zunächst in 4-1 Struktur auf, wodurch Borussia mit Stindl und Thuram im Aufbauspiel die vertikalen Passwege von Lacroix und van de Ven einfach verhindern konnten. Auch das gegenseitige Absichern und schließen des direkten Anspiels auf Arnold im 6er Raum war einfach.
Durch die flachen Außenverteidiger Otávio und Baku mussten auch Pléa und Hofmann keine großartige Laufarbeit verrichten, um die direkten Passwege zuzustellen. Hieraus resultierten einige, planlose Flugbälle der Innenverteidiger auf Nmecha oder Kaminski.


Agressives Anlaufverhalten der Wölfe sorgte für Probleme bei der Borussia

Zuletzt lief nahezu jeder Gegner die Elf von Coach Daniel Farke hoch an. Wolfsburg entschied sich sogar dazu, in Person von Nmecha auch Yann Sommer anzulaufen.

Borussia spielt in die Pressingfalle der Wölfe

Borussia entschied sich zunächst über den weit öffnenden Friedrich die Laufwege für Nmecha und Kaminski größtmöglich zu halten.
Die Entscheidung hier Weigl im freien Raum anzuspielen, ist jedoch mehr als leichtsinnig, da Weigl nun in einem 3 vs 1 auf dem Flügel ist.
Auch wenn er hier durch Gerhardt gefoult wird, war diese Situation mehr als gefährlich, da bei Ballverlust der direkte, vertikale Weg zum Tor blank wäre. Doch die..

…falschen Entscheidungen im Ballbesitz von BMG häuften sich

Sommer schlägt den Ball lang statt Scally anzuspielen.

Die Borussia hatte Szenen wie oben dargestellt, leider zu häufig. Man muss an der Stelle gestehen, dass der Fehler vorab bei Friedrich liegt, der zunächst in die Mitte andribbelt, um dann trotzdem abzukappen und Yann Sommer anzuspielen. Hieraus ergibt sich für Nmecha Kaminski jedoch ein Traumszenario, da er durch sein Anlaufen mit Friedrich, Elvedi und Weigl gleich drei Spieler in seinen Deckungsschatten bringt und damit aus dem Spiel nimmt.
Sommer entscheidet sich unter Druck für den langen Ball, der letztlich im Ballverlust mündet, anstatt über Scally die flache den Ballbesitz sichernde Variante hätte zu wählen.

Die Führung der Borussia

Nach einem erneut eigentlich mehr als riskanten Aufbau, diesmal über links, spielt Bensebaini den Ball bedrängt von 3 Wolfsburgern auf Pléa, der in dieser Situation nur die Option des Klatschens hat, da er sofort Gegnerdruck von Gerhardt und Arnold bekommt.
Nachdem Pléa auf Weigl klatschen lässt, sind Arnold uns Gerhardt zu gierig und wollen Weigl direkt pressen, geben durch schlechte Positionierung den tiefen Passweg auf Stindl frei.
Diese falsche Entscheidung bestraft die Borussia eiskalt, indem Weigl die Situation und Möglichkeit des Umschaltens via Stindl erkennt. Besonders hervorzuheben ist aber Pléa, der mit guten Anschlussverhalten sofort mit Tempo auf die letzte Kette der Wölfe andribbelt und den Anschein erweckt, durch Blickkontakt und Ballführung, den tief startenden Hofmann in Szene setzen zu wollen.
Stattdessen sieht er die schlechte Stellung von Lacroix, bringt Thuram ins Spiel, der dann leichtes Spiel hat, da Lacroix zugegeben schlecht im frontalen 1 vs 1 verteidigt.

Die Führung der Fohlen in Minute 13.

Die einzige Konstante in Wolfsburgs Spiel ist die Inkonstanz im Pressing

Nach der Führung hatten die Fohlen zunehmend Spielkontrolle und profitierten von den Nachlässigkeiten der Gastgeber im Anlaufen. Die Abstände und Abläufe variierten von Angriffspressing zu Angriffspressing. Die Ausrichtung änderte sich dabei kaum, eine Mischung aus raum- und mannorientierter Deckung sorgte häufig für freie Spieler der Borussia auf der ballfernen Seite.
Leider wurde dies zu selten von BMG ausgenutzt, wie in dieser Szene:

Weigl treibt an, verlagert und BMG ist schlussendlich zu unsauber.

Die Reaktion der Wölfe auf das 4-4-2 der Fohlen gegen den Ball – Arnold kippt abGladbach ist überfordert

Die Wege wurden weiter, da Gladbach nicht reagierte.

Infolge des 4-4-2 der Borussia gegen den Ball, änderten die Wölfe ihre Struktur im Ballbesitz durch den abkippenden Arnold auf 3-2. Hieraus ergab sich für Otávio und Baku die Möglichkeit in eigenem Ballbesitz höher zu schieben und somit Pléa respektive Hofmann in tiefere Positionen zu zwingen. Hofmann traf hier jedoch häufig die Entscheidung Arnold anlaufen zu wollen, ohne einen guten Winkel zu finden.
Die Folgen hieraus ergaben sich des Öfteren in einer nummerischen Überzahl von Otávio und Kaminski gegen Scally auf Borussias rechter Defensivseite.

Hofmann und Scally patzen auch beim zwischenzeitlichen Ausgleich

Der VFL Wolfsburg kommt leicht zum Ausgleich.

Nachdem die Wölfe einige Aktionen dank der Nachlässigkeit der Fohlen hinten rechts dort einleiteten, spielten sie zunehmend über die starken Otávio und Kaminski.
Beim 1:1 grenzt es jedoch an Arbeitsverweigerung, was Jonas Hofmann macht, als er Scally auffordert, den Laufweg des in seinem Rücken laufenden Otávio aufzunehmen. Er selbst jedoch muss den Laufweg des Brasilianers aufnehmen, da Scally bereits im frontalen 1 vs 1 mit Kaminski steht.
Friedrich muss folglich vorwärts verteidigen und Gerhardt kommt zwischen ihm und Elvedi frei zum Abschluss vor dem chancenlosen Yann Sommer kurz vor dem Halbzeitpfiff.

Die Vorgabe von Farke zu selten umgesetzt, unsauber gewesen und selber geschlagen

Die Vorgabe des Coachs in der Halbzeit ist klar erkennbar, in nahezu allen Aktionen in Borussias Angriff. So wollte man offensichtlich die letzte Linie der Wölfe häufiger in Bewegung gegen den Ball bringen, um die Kräfte mit Ball schwinden zu lassen.

Pléa öffnet im Halbraum, schickt Hofmann, welcher die Ecke zur erneuten Führung rausholt.

Die frühe Führung nach der Pause bringt keine wirkliche Sicherheit

Kurz nach der Pause geht die Borussia durch den zweiten Treffer von Marcus Thuram nach einer Ecke in Führung. Der Angreifer, der nach einer Ecke und seinem vorerst abgeblockten Kopfball per Volley die Fohlen in Führung brachte, hätte zum Spieler des Spiels werden können. Doch stattdessen, wird weniger über ihn und mehr über die Mannschaftsleistung der Borussia gesprochen, da die zweite Hälfte ein deutliches Übergewicht der Wölfe hervorbrachte.
Dies lag jedoch weniger an der Qualität im Spielaufbau der Wölfe, welche zugegeben nicht von Nöten war, da die Borussia viele einfache Ballverluste in der Vorwärtsbewegung oder Unsauberkeiten im Passspiel der Umschaltmöglichkeiten aufwies.

Missverständnis zwischen Koné und Pléa nach Ballgewinn in letzter Linie- Resultat: Ballverlust.

Unsauberkeit und einfache Ballverluste gepaart mit passivem und zögerlichen Abwehrverhalten sorgt für Chaos im Spiel

Wolfsburg bekam genau das, was es wollte, Chaos. Kaum längere Ballbesitzpassagen der Borussia in Halbzeit 2, schlechtes Timing und falsche Entscheidungen sorgten dafür, dass es ein offener Schlagabtausch wurde.
Die Borussia, die durch Ballbesitzorientierung in dieser Saison für Rhytmus brechen und Kontrolle steht, kam dem VFL Wolfsburg immer mehr entgegen. Ballverluste wie oben von Koné gaben den Gastgebern mehr und mehr den Glauben an das Zurückkommen in der Partie, während die Borussia zu oft zu viel wollte.
So auch beim erneuten Ausgleich, als Koné sich nach Ballgewinn entscheidet, den direkten Weg nach vorne zu suchen, obwohl die Borussia mit 8 Spielern in defensiver Orientierung steht.
Der Fokus sollte auch hier wieder auf Rhytmus brechen und Geduld liegen, statt dem Willen des dirketen Umschaltens.
Daraus resultiert der Ballverlust und die Möglichkeit des Gastgebers die Unsortiertheit der Fohlen auszunutzen. Die Flanke von Otávio findet Marmoush, der es dann zugegeben weltklasse in 3 Kontakten löst und ausgleicht.

Koné verliert den Ball vor dem 2:2 durch einen schlechten Kontakt im Kreuzen.

Wie der Ausgleich den Wölfen mehr Aufwind gibt und warum wir zufrieden mit einem Punkt sein müssen

Der Treffer von Omar Marmoush hätte der Grundstein sein für einen Wolfsburger Sieg. Mehrere gute Gelegenheiten in der Schlussphase hätten den Wölfe-Dreier bescheren können, da die Fohlen zunehmend unstrukturierter wurden und einfache Ballverluste gepaart mit schwacher Boxbesetzung am Ende fast noch den Punkt gekostet hätten.

Großchance zum 3:2 in Minute 87.

Dies ist nur ein Beispiel für die Unsortiertheit der Fohlenelf in der Schlussphase. Die situative Fünferkette rund um Friedrich und Koné verteidigt ledilich Richtung Tor und vergisst ihren Rücken komplett.
Aus Sicht der Gladbacher konnte Wolfsburg aus den zahlreichen Möglichkeiten kein Kapital schlagen und hatte seinerseits Glück, nach dem vermeintlichen Foul von Arnold an Thuram keinen Pfiff gegen sich zu bekommen.

Zur Wahrheit gehört aus Sicht der Mannschaft von Daniel Farke allerdings ganz klar, dass man an diesem 10. Spieltag der Bundesliga zu häufig sich dem Gegner angepasst hat und nicht bei sich geblieben ist.
Die eklatante Passivität von Scally und Hofmann gepaart mit einfachen Ballverlusten von Koné & Co. wären so in der Form von einer qualitativ stärkeren Mannschaft vermutlich bestraft worden und nicht bloß in einigen Aluminiumtreffern und Eingriffen Yann Sommers geendet, sondern gar in einer Auswärtsfahrt ohne Punkte.

Eine Antwort auf „Ein Punkt in Wolfsburg ist auch ein Punkt – Spieltaktische Analyse“

Die Wolfsburger haben ins mit ihren einfachen Mitteln gut in Bedrängnis gebracht, wobei sie sich vor allem Hofmann’s Drang des Nach-vorne-verteidigen-wollens zu Nutze gemacht haben. Immer wieder anlocken durch den fallenden Arnold, aus der Position ziehen und dann über die doppelt besetzten Flügel nach vorne. Entwicklungspotenzial, das sich durch die Saison ziehen wird: Wir müssen unter Gegnerdruck im gegnerischen und eigenen Ballbesitz stabiler werden. Das Problem sind zudem die offenen Räume neben Weigl und hinter den AV. Da fehlt noch die Kompaktheit und das richtige Timing im Rüber- und Rausschieben. 4-4-2 flach ist kein Hexenwerk. Und Abläufe, je strukturierter, desto sicherer.
2x auswärts geführt, das ist schon ein Entwicklungsschritt, aber eine Führung dann noch nach Hause zu bringen, mit den eigenen Mitteln, der nächste.

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