Zweites Auswärtsspiel der neuen Saison und es folgte die zweite Niederlage. Nach der empfindlichen Niederlage in Leverkusen, zeigten sich die Fohlen verbessert. Individuelle Fehler sorgten dafür, dass der Gegner zu drei Chancen aus dem Spiel herauskam. Die ersten beiden waren wieder mal drin, ähnlich wie in Leverkusen. Die dritte Chance konnte Sommer leicht parieren, nachdem Elvedi beim hohen Ball nicht gut aussah und den Zweikampf gegen Stürmer Awoniyi verlor, sodass dieser frei vor Sommer auftauchte.
Das Tor in der Nachspielzeit von Jonas Hofmann kam zu spät. Die Niederlage war besiegelt. Nun geht die Borussia mit einem Punkt, 2:7 Toren und keinem wirklich guten Gefühl in die Länderspielpause.
Die BorussiaExplained Analyse
Statistiken:
FCU | BMG | |
Tore | 2 | 1 |
Schüsse (auf d. Tor) | 12 (4) | 18 (5) |
Ballbesitz | 33% | 67% |
Passquote (gespielte Pässe) | 67% (245) | 87% (707) |
Zweikampfquote | 47,1% | 52,9% |
Laufleistung | 122,6 km | 117 km |
Sprints | 197 | 181 |
Meistgelaufener Spieler | Gießelmann (12,7 km) | Hofmann (12.2 km) |
Meistgepresster Spieler (Anzahl) | Öztunali (28x) | Stindl (46x) |
xGoal | 2.28 | 2.19 |
Aufstellungen beider Teams:

Die ersten 20 Minuten
Die Elf von Adi Hütter ist gut in das Spiel gekommen und ließ den Ball flüssig laufen. Dabei fand man relativ zügig die Zwischenlinien, in denen vor allem Plea und Stindl immer wieder auftauchten. Die Räume hinter der Mittelfeldkette des FCU, galt es zu finden. Gelang. In meinem Spieltagstweet schrieb ich, dass ein gutes Gegenpressing helfen würde, durch hohe Ballgewinne zu Chancen zu kommen.
Die Unioner sind bei Ballverlusten oft ungeordnet und brauchen eine hohe einstellige Sekundenanzahl, um wieder in der defensiven Grundordnung zu stehen.
In der 5. Minute gelang gleich ein hoher Ballgewinn, der mit einer guten Folgeaktion endete. Der Borussia gelang es hoch zuzustellen, mannorientiert zu pressen. Beim Zuspiel Trimmel schnappte das Pressing das erste Mal zu. Der Ballgewinn konnte da noch nicht kontrolliert werden.

In der Folgeaktion blieben Neuhaus und Wolf wach, sodass der Österreicher den Ball eroberte.

Bensebaini spielte den ersten Ball direkt nach vorne, Neuhaus steckte per Hackenpass überragend durch und im Rückraum fand man Plea, der nicht sauber zum Abschluss kam.


Genau diese Aktionen helfen einer Auswärtsmannschaft in Berlin, um die tief stehende und kompakte Elf des FCU zu bespielen.
Leider gab es im Anschluss kaum noch solcher Szenen, weil Union darauf reagierte. Sie spielten kaum noch einen Ball kurz. Jeder Ball, der sich in der ersten Kette befand, wurde sofort lang auf Kruse / Awoniyi geschlagen. Das erklärt die Passstatistik der Berliner (nur 245 gespielte Pässe und eine Passquote von 67%).
Individueller Fehler spielte Union Berlin reichlich in die Karten
Die Entscheidungsfindung nach der ersten Viertelstunde, wirkte ein wenig seltsam. Pässe wurden nicht mehr ganz sauber gespielt bzw. dann kaum noch, wenn dann zum falschen Zeitpunkt. So auch die Aktion rund um das Gegentor, welche mit Neuhaus begann:
Dieser startete im Zentrum einen guten Lauf, hatte mehrmals die Möglichkeit den Steckpass zwischen den beiden Innenverteidigern zu spielen. In Abbildung 6 noch nicht zu sehen: Bensebaini, der den Laufweg aufnahm.


Neuhaus musste die Aktion abbrechen und das Spiel neu aufbauen. Über Elvedi und Beyer fand der Aufbau statt, ehe sich nach paar Pässen die Konzentration für eine Millisekunde verabschiedete und Beyer den Ball Kruse in die Füße spielte.
Kruse und Awoniyi liefen auf Beyer und Elvedi zu, Bensebaini war weit aufgerückt, sodass dieser niemals rechtzeitig zurück in die Position hätte kommen können.
Danach war es für die Restverteidigung erstmal nicht so schwierig. Kramer und Neuhaus machten im Sprint den Weg zurück, waren kurzzeitig sogar hinter dem Ball.

Kruse drehte sich in die andere Spielrichtung auf, zog zu einfach an Kramer vorbei und spielte die Seitenverlagerung auf die richtige Seite: denn links war Bensebaini weit aufgerückt. Haraguchi kam angestürmt.

Dadurch, dass Bensebaini fehlte, musste Elvedi aus der Kette rücken. Der Ballentfernte Schienenspieler Gießelmann, erkannte den Raum und orientierte sich am langen Pfosten.

Dem jungen Amerikaner ist hierbei kein Vorwurf zu machen. Dieser muss diesen Raum dort besetzen, denn er erkannte, dass Kruse im Vollsprint in die Box stoßen wollte. Wenn Scally sich noch weiter zum 2. Pfosten positioniert hätte, wäre für Haraguchi die Möglichkeit entstanden den Ball in den Raum zu chippen, um Kruse einzusetzen. Der Fehler begann natürlich vorher.

Die Borussia verlor ein wenig an Selbstbewusstsein, sie hatte nicht mehr die Klarheit in ihrem Ballbesitz, die sie vor allem zu Beginn hatten. Das lag auch daran, dass Union noch tiefer stand und sich immer mehr auf die Defensive fokussierte.
Dennoch hatte die Fohlenelf die Chance in der 36. Spielminute auszugleichen. Die vorhin genannte Entscheidungsfindung wurde nicht besser.
Immer, wenn die Mittelfeldkette des FCU unsortiert war, ergaben sich sofort tiefe Anspielstationen.

Man erkennt in Abbildung 12, dass die Mittelfeldkette nicht gut gestaffelt ist. Deckt weder Zentrum noch Breite ab. Neuhaus und Hofmann waren zwischen den Linien frei.
Bensebaini spielte den eröffnenden Ball zu Kramer, die das fein ausspielen, sodass Neuhaus auf die letzte Kette zugehen kann.
Die Entscheidung von Neuhaus, den Ball auf Wolf zu spielen, statt den in der Mitte einlaufenden Plea, ist zwar nicht unbedingt falsch, doch die Möglichkeit für Plea erfolgreicher zum Torabschluss zu kommen, war definitiv höher.

Neuhaus lief stattdessen noch einen Schritt und musste durch das Pressing von Khedira, halb im Liegen, den Pass auf Wolf spielen. Dieser konnte den Ball nicht im vollen Lauf annehmen, sondern musste die Körperhaltung ein wenig umstellen. Das sind eben die Millisekunden auf dem Niveau, die darüber entscheiden, ob ein Spieler zum erfolggekrönten Abschluss kommt oder nicht. Wolf machte das Beste aus der Aktion und kam schließlich zum Abschluss.
Die Entscheidungsfindungen der Borussen waren nicht optimal. Wenn man tief spielen konnte, spielte man horizontal statt vertikal. Wenn sich die Option für eine raumgewinnende Seitenverlagerung ergab, spielte man den schwierigen tiefen Ball, der dann unsauber oder unerreichbar für den Mitspieler wurde.
Das war aus diesem Grunde schade, weil sich die Räume ergaben. Die Borussia war spielstark und ließ den Ball gut laufen. Der vorletzte und letzte Pass war eben nicht gut und damit beraubte sich die Borussia in der ersten Halbzeit um weitere Chancen.
Das 2:0 vor der Halbzeit
Nach einer Ecke spielte Stindl einen zu langen Ball, den Wolf nicht erreichen konnte. Als Awoniyi auf Scally und Kramer zulief, ergab sich für Wolf die Chance das taktische Foul zu ziehen. Dann wäre die Aktion verpufft.

Dennoch steht man auf der letzten Linie in einem 3-gegen-2. Kramer muss da aktiver und aggressiver in den Zweikampf. Ähnlich wie bei der Entstehung zum 1:0, ließ er Kruse zu einfach machen. Aber auch, hätte Wolf oder Scally den tiefen Laufweg mitlaufen müssen. Gerade Wolf hatte freie Sicht auf den einlaufenden Awoniyi.

Billige und vor allem durchaus vermeidbare Gegentore führen zu einem Halbzeitstand, der für die Borussia sicherlich als „unnötig“ einzustufen war.
Tiefe Unioner im 5-3-2 sorgen für kaum echte Chancen der Fohlenelf
Zur Halbzeit wechselte Adi Hütter zweimal und nahm völlig zu Recht Christoph Kramer raus und brachte mit Denis Zakaria, der durchaus ein Lichtblick im Spiel war, einen powervollen 6er, der dort quasi alleine agierte. Denn Florian Neuhaus wurde eine Linie weiter, höher geschoben, agierte im Halbraum, oft auch auf einer Höhe mit dem linkslastigen Plea und Stindl. Auch Patrick Herrmann kam rein. Von ihm versprach man sich im Verbund mit Hofmann, mehr Läufe in die Tiefe.
Doch echte Chancen wurden nicht kreiert. Der 3–3 Block im Zentrum erschwerte der Fohlenelf, sich Chancen zu erspielen. Mit neun Feldspielern war Union Berlin darauf bedacht, die eigene Box zu verriegeln. Selbst der etwas lauf faulere Kruse, sorgte immer wieder für die Zustellung einer der beiden 6er Neuhaus oder Zakaria.

Die fehlenden tiefen Läufe, die den Vorteil haben, Räume VOR der Kette zu öffnen, wurden kaum gemacht. Die Spielertypen Thuram und Embolo hätten sicherlich eine andere Präsenz verleiht, die diese Wege öfter und lieber machen, als Plea und Stindl, die von ihrem Naturell als Spielertyp, dem Ball entgegenkommen und mit Ball spielen wollen.
Das Spiel wurde sehr statisch.
Ja, die Borussia hatte dauerhaft über 65% Ballbesitz, weil Union sie auch in ungefährlichen Zonen spielen ließ.
Schüsse aus der zweiten Reihe kamen von Plea, eher ungefährlich gewesen, so auch ein Schussversuch von Scally, mit dem schwachen linken Fuß. So lief die Borussia zwar immer wieder an, aber gefühlt ereignete sich eine Abfolge nach der anderen:
Die Borussia kombinierte sich spielerisch sauber bis ins letzte Spieldrittel, ein unsauberer Pass/ eine falsche Entscheidung/ sorgte für den Ballgewinn der Unioner, die den Ball sofort lang rausschlugen. So entstanden quasi nie Momente, in denen Gladbach durch das Gegenpressing mal selbst Ballgewinne hätte verzeichnen können, die in hohen Spielfeldzonen, für Gefahr gesorgt hätten.
Die Borussia kam dann nochmal durch eine erfolgreiche Überladung in den Halbräumen, zu einem Steckpass, den Laszlo Benes auf das Tor brachte, dessen Nachschuss Jonas Hofmann verwertete.
Patrick Herrmann scheiterte kurz vor Schluss, der Winkel war zu spitz. Und die zweite Niederlage im zweiten Auswärtsspiel wurde Fakt.
*Alle Abbildungen sind von der Scoutingplattform Wyscout
2 Antworten auf „Den Gegner zum Tore schießen eingeladen: die 2:1 Niederlage in der Analyse“
Ich finde es sehr angenehm, dass hier das eigentlich Spiel analysiert wird und darauf verzichtet wird, bei Sieg oder Niederlage einen positiv wie negativ verzerrenden Filter zu benutzen. Top.
Vielen Dank, windigerwicht!