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BMG in der Taktikanalyse: Verdienter Auswärtssieg in Fürth!

Die Elf von Adi Hütter gestaltete die ersten 10 Minuten besonders stark. Dabei erkannte man, dass der Aufbau nicht wie üblich in einer 3er-Kette stattfand, sondern in einem 4er-Aufbau.

Ginter und Elvedi agierten als Innenverteidiger. Beyer zog breit und agierte als klassischer Linksverteidiger. Während Lainer als ballferner Flügelverteidiger in die erste Linie einrückte, schob Scally hoch in die letzte Linie, um Fürths Wingback Asta zu binden.
Kone gab sich als Solo-6er, während Neuhaus hoch in die dritte Linie, zwischen Embolo und Plea, schob. Thuram als klassischer 9er, der immer wieder in die Tiefe lief.

Stefan Leitl ließ in einem 5-2-3 anlaufen und wollte eigentlich die vermeintliche Grundordnung der Fohlen (3-4-2-1) spiegeln.
Dadurch das Scally in letzter Linie Asta band, konnte dieser Beyer nicht pressen, sodass die seitlichen Stürmer der ersten Anlauflinie (i. d. F. Hrgota und Green) viele Laufwege nachgehen mussten, die vom Innenverteidiger seitlich zum Außenverteidiger gingen.

Elvedi passte den Ball zu Beyer, ließ sich dabei fallen, zog damit Leweling mit und dadurch ergab sich der Raum für Kone.
Die angesprochene Passivität von Cheftrainer Leitl bezog sich auf solche Situationen, in denen er die fehlende Zweikampführung monierte:
Tillman ließ sich von Plea binden, der aber eigentlich von Griesbeck bereits übernommen wurde. So war die Distanz zu Kone zu groß, um tatsächlichen Balldruck zu erzeugen.

Tillman rückte dennoch raus, der erste Riss entstand. Neuhaus positionierte sich in den frei gewordenen Raum, zog Christiansen mit raus.
So folgte ein Riss zum anderen in der Kompaktheit der Gastgeber, die Embolo und Lainer am Ende bestraften und Neuhaus in der Box fanden. Die erste Großchance in der ersten Minute im Angriffsspiel der Gladbacher, die von understat.com mit einem xGoal-Wert von 0.39 bewertet wurde.

Mit Ball hatten die Fohlen ein gutes Positionsspiel. Wie bereits im Heimspiel gegen Mainz (hier gehts zur BorussiaExplained Analyse), konnte die dritte Linie aus Plea, Neuhaus und Embolo die Räume finden. Besonders Plea fand im Halbraum die nötigen Ballkontakte, um sein Spiel aufzudrücken.
Fürths Passivität verhalf dabei. Green presste zu spät gegen Elvedi, sodass der Schweizer sogar Embolo zentral hätte anspielen können, weil die 5er-Kette zu passiv agierte.
Elvedi fand Plea, der sich im Halbraum, neben Christiansen positionierte.

So auch beim Führungstreffer von Marcus Thuram zum 0:1.
Bauer schlug tief in der Hälfte einen langen Ball raus, nachdem ihn Thuram stark presste!
Der zentrale IV rückte danach zu spät wieder raus, sodass der Gewinn des zweiten Balles bei Gladbach dazu führte, dass Viergever das Zentrum schließen musste, jedoch Plea den Freiraum erhielt.

Plea konnte sich aufdrehen und auf die Kette zulaufen. Durch Lainers starken, tiefen Lauf entstand eine 4-gegen-4 Situation, die Plea mit einem tollen Schnittstellenpass auflöste. Dabei stand Griesbeck deutlich zu tief und hob damit das Abseits auf.

Fürths Passivität bestrafen spielstarke Gladbacher

Stefan Leitl beklagte in der Pressekonferenz nachdem Spiel die Leistung gegen den Ball in der ersten Halbzeit.
Zurecht, denn die Passivität in sämtlichen Pressingaktionen, verhalf Gladbach zum einfachen Überspielen der Linien.
Die Fohlen bauten dynamisch mal aus einer 4er-, sonst aus einer 3er-Kette auf.
Generell war das Aufbauspiel dynamisch. So pendelte Neuhaus zwischen der zweiten, sowie dritten Linie, je nachdem, wie Kone stand.
Green sollte gegen den Ball als 10er agieren und Kone mannorientiert zustellen. Die weite Distanz zu ihm ermöglichte ihm aber keinen Balldruck, sodass der 6er schnell und vertikal weiter spielen konnte.

Fürths Aufstiegscoach Leitl ließ zudem blicken, dass er zur Halbzeit mit der Zweikampfquote nicht zufrieden war.
Diese war tatsächlich nicht gut. Die Passivität, die große Abstände bedeuteten, war ein Grund dafür. Gladbachs schnelles, vertikales Spiel im letzten Drittel ebenso.

Zweikampfquote beider Teams; Quelle: Wyscout

Gladbachs Vertikalität im Spiel drückte die letzte Kette des Gastgebers tief in die eigene Hälfte rein.
Die 6er/8ter Christiansen, Green und Tillmann kamen hingegen dessen selten schnell genug zurück, in ihre defensive Formation. So ergab sich der Zwischenraum für Neuhaus und Plea, die den erneut starken Laufweg von Lainer bespielten. Dieser holte den Elfmeter heraus und Plea verwertete diesen – 0:2, 24. Spielminute.

Gladbachs erste Spuren der Zugriffslosigkeit im Anlaufen

Der Tabellenletzte baute in einer 3+1 Staffelung auf. Während Christiansen den 6er gab, hielten sich Green und Tillman in den Halbräumen auf der Acht auf. Zusätzlich kam meist Hrgota als 10er kurz, sodass sich eine Raute im Mittelfeld bildete.

Für Thuram war es wichtig, dass er Christiansen im Deckungsschatten behielt, während er meist Bauer als zentralen IV anlief. Das lief phasenweise okay, in manchen Bereichen eher weniger gut, welches aber mit dem guten Positionsspiel vom 6er zusammenhing und der nicht vorhandenen Kompaktheit der Fohlen – gerade im Zentrum/10er-Raum.

Das Problem fing Ginter zunächst auf.
Während der erste Riss im Anlaufen der Fohlen entstand – Neuhaus rückte raus, um Christiansen zu pressen – wurde dessen eigentlicher Gegenspieler Green frei.

Dieser wurde oft gesucht und gefunden, allerdings schaffte es Ginter mit seinem Herausrücken Balldruck zu erzeugen, sodass sich der 8ter meist nicht aufdrehen konnte. Ginters Mannorientierung gegen Green war systemabhängig richtig, dabei entstand eine Gleichzahl in der letzten Verteidigungslinie, welches die Gastgeber jedoch zu selten für sich nutzen konnten.

Daher versuchten die Fürther öfter durchs Zentrum in die Hälfte der Fohlen zu gelangen. Die Schnittstelle zwischen Neuhaus und Kone war häufig groß genug, um von der ersten in die letzte Linie zu spielen und den 10er zu finden.
Die Doppel-6 der Fohlen wurden durch die 8ter Green und Tillman auseinander gezogen, sodass sich Hrgota im 10er Raum positionieren konnte.

Kone schob gegen den Ball während der ersten Halbzeit höher und stellte dadurch Christiansen zu. Neuhaus stellte dabei Tillman zu und Ginter übernahm den freien 8ter.
Im Zentrum der Kette war man bemüht Überzahl, um den zentralen Stürmer, beizubehalten.
Die Elf von Adi Hütter wollte eine komplette Manndeckung zumindest in letzter defensiven Linie nicht riskieren.
Das Problem entstand, wenn – wie vorhin beschrieben – die Verteidiger der Gastgeber den 10er direkt finden konnten und dieser frei vor der Kette aufdrehen konnte.

So musste Elvedi dann erst rausrücken, bedeutet: Er verließ die letzte Linie im Moment des Ballkontakts des 10ers.
Elvedi reagierte also auf die Situation und konnte tatsächlich nie echten Balldruck erzeugen, ehe sich der 10er vom Ball trennt.
Dabei entstanden die eben beschriebenen Risse:
Elvedi rückte heraus, Neuhaus reagierte ebenfalls auf den 10er. Dieser konnte dann auf den frei werdenden 6er klatschen lassen, der dann diagonal zum 8ter verlagert.

In letzter Linie entstand eine Eins-gegen-Eins Situation, in der Leweling sein Tempo ausspielen konnte.

Solche Situationen gab es aus Fohlensicht nicht allzu oft. Das Problem im Pressing herrscht dennoch weiterhin.

Erst die Svensson-Umstellung, nun die von Stefan Leitl

„In der zweiten Hälfte ist das Spiel dann etwas vor sich hingeplätschert. Die Fürther haben taktisch etwas umgestellt, da haben wir nicht so gut drauf reagiert, dennoch standen wir defensiv sehr stabil und haben kaum etwas zugelassen.“
Matthias Ginter nachdem Spiel im Interview; Quelle: Borussia.de

Nachdem Svensson im vergangenen Ligaspiel zur Halbzeit umstellte und damit den Gladbachern Schwierigkeiten bereitete, tat dies Leitl ebenso.
Der 44-Jährige Coach stellte das Anlaufen um.
Während die Aufsteiger in der ersten Hälfte mit einer breit gezogenen vorderen Linie anliefen, die weite Wege zu den seitlichen Verteidigern hatten, liefen sie nun zentrumsverdichtend an.
Im folgenden Beispiel rückte Hrgota als ballferner 10er ein, stellte Kone damit zu. Lewelings Anlaufwinkel war gut, da Elvedi als Ballführender eine Verlagerung zu Beyer – wie in der ersten Halbzeit – nicht spielen konnte.

Dazu kam, dass sich die letzte Kette aggressiver in der Mannorientierung verhielt, sodass vor allem die 6er Neuhaus und Kone, sowie Plea eng verfolgt wurden.

Das hatte zu Folge, dass BMG gerade in der Anfangsviertelstunde der zweiten Halbzeit viele lange Bälle schlug, weil die Passoptionen- aufgrund des Pressings von Fürth – von der ersten in die zweite Linie fehlten.

Dies macht sich in einigen Daten bemerkbar.
So ging die Passgenauigkeit runter, sowie der damit zusammenhängende Anteil an langen Pässen hoch.
Ebenso die Ballbesitzwerte, die in keiner Phase so niedrig waren, wie zwischen der 46. – 60. Spielminute (39%).
Die Pressingintensität ging damit eingehend runter, da die Gäste zu passiv wurden.

Passstatistiken beider Teams; Quelle: Wyscout
Ballbesitzwerte beider Teams; Quelle: Wyscout
Pressingintensität beider Teams; Wyscout

Fazit: Verdienter Auswärtssieg!

Auch, wenn die altbekannten Probleme weiterhin da sind, so konnte die Borussia jedoch gerade ab der schlechten ersten Phase der zweiten Halbzeit nochmal zulegen und vor allem mit Ball überzeugen.


Die Konsequenz in der Kette – zweck Torchanceverhinderung – war definitiv gegeben, sodass es zu keiner nennenswerten Chance kam.


Wenn es den Fohlen gelingt, in den Phasen in der das eigene Spieltempo nicht hoch ist, weiterhin die Spielkontrolle beizubehalten, dann wird die Wahrscheinlichkeit zu siegen, auch gegen Teams mit mehr Qualität in der Offensive, höher sein, als es in der Hinrunde der Fall war.

2 Antworten auf „BMG in der Taktikanalyse: Verdienter Auswärtssieg in Fürth!“

Hallo,

ich habe am 06.02. bezüglich des Podcasts von Philipp Schützendorf wie folgt kommentiert:

„(…) Die Fortschritte sind noch marginal, aber wer es sehen will, erkennt eine Steigerung, die sich bis Mitte März in Punkte ausdrücken wird. Trotzdem werden wir auch dann nicht jedes Spiel gewinnen. Der Neuaufbau wird ja schon teilweise jetzt durch eine Anpassung von Grundordnung, Abläufen und Mustern eingeleitet, grob gesagt.
Ich orientiere mich deshalb nicht am Tabellenplatz – absteigen werden wir nicht -, sondern an der Frage, ob Hütter dieser Entwicklung weiter vorantreiben kann.
Und diese Frage beantworte ich aktuell mit einem klaren Ja.
Frag mich nochmal nach dem Spiel vs Fürth, ob ich davon abweiche.“

Fürth ist vorbei, danke für die stimmige Analyse, und ja; ich weiche nicht davon ab, was ich vor ca. 8 Wochen gesagt habe. Dass ich mich dabei um 4 Wochen vertan habe, bis der Aufwärtstrend kommt… Also, mit den Klatschen in Dortmund und Stuttgart konnte in dieser Form nun echt niemand rechnen, oder?

Zu meinem Analyse-Prozess:
Die nackten Ergebnisse der letzten vier Spiele gegen die Teams „um uns herum“ lassen die Schlussfolgerung zu, dass wir die stärkste Mannschaft des letzten Tabellendrittels sind – der Klassenerhalt ist seit Samstag safe.

Das Spiel in der letzten Linie zeigt klare Muster und Abläufe, auch ansonsten ist mittlerweile ein individueller und auf den jeweiligen Gegner bezogener Matchplan zu erkennen.

ABER:
Das Kernproblem der Mannschaft ist immer noch die abfallende Zweikampfquote, einhergehend mit der Länge der Spieldauer.
Dabei erkenne ich ein klares Muster: Wir haben Probleme, wenn der Gegner mannorientiert bis in die letzte Linie durchschiebt, in diesem Raum überlädt und dadurch die Zweikämpfe und die 2. Bälle gewinnt. Es fehlt also ein Konzept für die Verteidigung des Zwischenlinienraums.
Es wird zu sehr Mann gegen Mann gespielt und die Spieler lassen sich auf einen ‚Abnutzungskampf‘ ein, statt durch ‚Deckungsschattenarbeit‘ und vertikale Kompaktheit den Schnittstellenpass zu unterbinden. Dabei wird zu wenig im Verbund rausgerückt, stattdessen ist das Anlaufverhalten unkoordiniert und wenig abgestimmt.
Innerhalb der Ketten wird sich gegenläufig und zu schnell ballorientiert rausbewegt, wobei allerdings unsere Dreierkette fällt statt nachrückt und Abstände zu groß werden bzw. nicht mehr geschlossen werden können.
Dem Allerletzten dürfte dies gegen Mainz aufgefallen sein.

Fazit: Vorne endlich strukturierte Abläufe, hinten immer noch unkoordiniertt, wenn der Gegner offensiv umstellt.

Frage: Besseres in-game-coaching notwendig oder taktisch intelligentere Spieler?

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