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Amadou Diawara – Der Sechser, den BMG sucht?

Gerüchte… Laut einem italienischen Sportjournalisten sind Hoffenheim, Freiburg und eben Borussia Mönchengladbach interessiert an Amadou Diawara.
Der 24-Jährige, dessen Vertrag 2024 endet, spielt derzeit unter Jose Mourinho (AS Roma) keine Rolle.
Im Mittelfeldzentrum, auf der Sechs, fühlt sich Amadou Diawara wohl.
Die Sechser-Position ist eine, die BMG sucht und im kommenden Transferfenster finden möchte.

Ist Amadou Diawara der Sechser, den Borussia sucht?

Ein Blick auf die Heatmap verrät bereits, in welchen Zonen sich der Mittelfeldakteur gerne aufhält.
Besonders der linke (tiefe) Halbraum, aber auch zentrale Orte unmittelbar hinter der Mittellinie sind für Diawara häufig-besuchte Zonen.

Amadou Diawara – Heatmap Saison 21/22

Schaut man sich seinen Spielstil mit Ball an, dann erscheint diese Heatmap logisch, denn:
Diawara ist nicht nur der klassische „Gegen den Ball-Sechser“, sondern hat auch mit Ball seine Stärken und erfüllt ein ähnliches Profil, wie eines Spielmachers.

Diawara bietet sich gerne kurz an, möchte den Ball am Fuß.
Dabei kann er sich diagonal zu einer 2er-Kette verhalten, um spielfrei zu sein, oder sich auch typisch zwischen die Innenverteidiger fallen lassen.
Typische Attribute für einen spielstarken Sechser.

Diawara spielte in dieser Saison (inkl. Länderspiele) durchschnittlich 8,17 Pässe je 90 Minuten, ins letzte Drittel.
Diese Pässe erfolgen aus tiefen Positionen, da Diawara – wie eben erwähnt – ein Spielmacher, und kein Box-to-Box-Spieler ist.
Dabei verknüpft der 24-Jährige Passtechnik und Timing, sodass Chipbälle hinter der letzten Kette ankommen.

Gerade in Länderspielen, in denen Diawara mehr Spielanteile besitzt, gegen meist tiefer stehende Gegner, reißt der Sechser das Spiel gerne an sich und führt dieses – zum Beispiel durch diagonale Seitenverlagerungen.

Pressingresistenz – Ruhe am Ball

Die italienische Liga ist nicht für ihre hochpressende Mannschaften bekannt, sodass sich das Spiel eines Sechsers dort zur deutschen Liga unterscheidet.
Da die deutschen Teams hoch pressen, früh und schnell umschalten wollen, ist die Pressingresistenz von Bedeutung. Die Qualität, die Ruhe am Ball, dabei dennoch handlungsschnell und technisch sauber zu bleiben hat Diawara.


Dabei ist ihm bewusst, dass Seitenverlagerungen das Pressing des Gegners zunächst brechen können. Diese kann der 24-Jährige bedienen.

So auch in der Handlungsschnelligkeit:
Dreiecksbildung, Stürmer lässt klatschen, Diawara chippt im ersten Kontakt hinter die Kette für den eigenen Außenverteidiger.

Welche Rolle kann Diawara im Spielaufbau der Fohlen übernehmen?

Diawara agiert bereits im Nationalteam Guineas als Sechser, vor einer 3er-Kette.
Diese Rolle könnte er auch in der neuen Saison bekleiden.

Ein Gedankenspiel, dass ein eventueller Abgang von Neuhaus bevorsteht, würde ein Ersatz, wie Diawara Sinn machen.
Der Mittelfeldakteur hat nicht die selbe Präsenz im letzten Drittel, wie Florian Neuhaus, und auch nicht die identischen Werte, doch diese lassen sich anhand des Spielstils erklären. Diawara agiert im Aufbau tiefer, verteilt dann die Bälle horizontal und diagonal. Chipbälle hinter die Kette kann er – wie vorhin beschrieben – spielen und erweist eine außergewöhnliche gute Quote auf, die auf seine Balltechnik zurückführen ist.

Ein Blick:

Spieler (Alle Angaben: durchschnittlich pro Spiel)Pässe in das hintere Drittel (Passgenauigkeit)Tiefenbälle, hinter die letzte Kette (Passgenauigkeit)Pässe in die Box (Passgenauigkeit)Tiefenbälle, in die Box hinein
Diawara8,17 (77,6%)1,25 (60%)1,42 (52,9%)0,75
Neuhaus7,59 (67,9%)1,80 (31,8%)2,48 (42,6%)1,14
Kone5,38 (79,6%)0,60(33,33%)0,90 (56,5%)0,65
Benes6,57 (61,5%)0,25 (0%)0,76 (33,3%)0,51
Kramer5,22 (65,4%)1 (40%)1,80 (50%)0,7
Quelle: Wyscout; Zeitrahmen: aktuelle Saison 21/22

Vergleicht man die Heatmap zwischen Diawara und Neuhaus, so fällt auf, dass letzterer zwar auch Akzente vor der Mittelinie hat, aber genau so viele zentral im letzten Drittel.
Vergleicht man die reinen Passstats miteinander, dann erkennt man, dass beide sich ähneln:

(Durchschnittliche Passwerte pro 90 Minuten)DiawaraNeuhaus
Gespielte Pässe (Passgenauigkeit)46,1 (89,3%)46,3 (82,5%)
Vorwärtspässe (Passgenauigkeit)13 (75%)16,5 (69,3%)
Rückpässe (Passgenauigkeit)5,3 (100%)6 (93,2%)
Seitliche Pässe (Passgenauigkeit)20,2 (94,2%)15,8 (89,7%)
Gespielte lange Pässe (Passgenauigkeit)5,3 (60,3%)4,8 (56,4%)
Durchschnittliche Passlänge (in Meter)18,118
Quelle: Wyscout; Zeitrahmen: aktuelle Saison 21/22

Dennoch: Während Neuhaus vertikaler spielt, ist Diawara mehr auf Spielkontrolle hinaus und spielt öfter den seitlichen Pass.
Dies würde ich nicht strikt am Spielertypen fest machen, sondern eher am Spielsystem der Mannschaft und an den Gegnern in den jeweiligen Ligen.
Allerdings lässt sich daraus ableiten, dass Diawara eher die Kontrolle auszeichnet, jedoch ohne die Dynamik zu verlieren, ehe Neuhaus zwischen der Sechser, sowie Achter Position pendelt.

Was kann Diawara für Kone bedeuten?

Während Kone in dieser Saison eher für den Spielaufbau zuständig ist und Neuhaus zwischen den Linien pendelt, könnte Diawara einen klaren 6er im Aufbau geben und Kone entlasten.
Die Box-to-Box-Rolle, die zum Beispiel Leon Goretzka, Jude Bellingham, etc. ausführen, könnte Kone aufgrund seiner Physis, Technik, Dynamik und seinem Drang zum Tor, gut tun.
Der 20-Jährige erzielte in dieser Saison drei Tore, zwei davon im Strafraum, eines aus gut 18 Metern.
Auch per Kopfball, wie im Heimspiel gegen den FCA, strahlt der Neuzugang aus Toulouse, Torgefahr aus.

Statistiken im Angriffsspiel belegen, dass Kone den Drang verspürt und diese Rolle verstärkt in der kommenden Saison einnehmen kann.

Während Neuhaus öfter als Kone auf Tor schoss, absolvierte Kone öfter Dribblings und Offensivduelle (Zweikämpfe mit Ball, z. B. Eins-gegen-Eins-Duelle).

Daten: durchschnittliche Werte je 90 MinutenDiawaraKoneNeuhaus
Schüsse 0,31,21,9
Dribblings (Erfolgsquote)0,3 (75%)5,4 (57,8%)3,6 (58,4%)
Offensivduelle (Erfolgsquote)2,4 (37,9%)13,7 (46,3%)8 (47,2%)
Ballkontakte im Strafraum0,20,81,6
Progressive Läufe0,51,31,4
Quelle: Wyscout; Zeitrahmen: aktuelle Saison 21/22

In der gewählten Grundordnung 3-4-2-1, aus einer 3+1 Staffelung im Aufbau, könnte zum Beispiel ein solches Szenario entstehen:
Diawara gibt den Solo-Sechser und Kone die Möglichkeit in die dritte/vierte Linie vor zustechen.

Kone könnte sich offensiv entlasten und das Aufbauspiel wenn dynamisch unterstützen.
Das Binden der Doppel-Sechs kann eines der vielen Szenarien sein, welches für die Halbraumspieler und Flügelverteidiger von Bedeutung sein können, da Überzahlsituationen durch Dreiecksbildungen entstehen können.

Viele andere Beispiele können geliefert werden, wichtig ist in diesem Artikel, dass Kone sich offensiv weiter einbringen und entwickeln könnte, ohne dass das Aufbauspiel der Fohlen an Qualität verliert.

Ist Diawara auch gegen den Ball ein „klarer Sechser“?

Sportdirektor Roland Virkus sprach von „reparierenden Spielern“. Gemeint waren Spieler, die durch ihre Dynamik Fehler anderer „korrigieren“ können.
Diawara entspricht diesem Scouting Profil.
In den folgenden zwei Szenen (jeweils zwei Abbildungen) lässt sich aufzeigen, wo sich Diawara in den jeweiligen Ballverlust-Momenten des Teams aufhält und wann er den Ballführenden wieder zustellt.

Dem Sechser zeichnet eine durchaus vorhandene Aggressivität aus, die er beim Pressing ausübt.
So, zum Beispiel in der Szene:
Guinea presst im 5-3-2-Shape, welches der Gegner über die Flügel hinein ins Zentrum auflösen möchte.
Diawara nahm in genannter Formation die Sechser Position ein, besetzte also das Zentrum.
Guinea war in dieser Situation nicht gut gestaffelt, sodass Diawara im Zentrum in Unterzahl geriet.

Durch sein aggressives Pressing, in dem er sich von der Zentrale – im Moment des Zuspiels – vom eigentlichen Gegenspieler trennt (gelb markiert) und im Halbraum den „neuen“ Gegenspieler presst, sodass dieser keine Möglichkeit hat, sich frei aufzudrehen, wird er zum Rückpass gezwungen.

Die vorhin beschriebene Dynamik, kombiniert mit der Aggressivität im Pressing, machen ihm in seinen Wegen durchaus interessant.
Bei der AS Roma spielt er eine ähnliche Rolle. In folgender Abbildung lässt sich ebenfalls das 5-3-2 von Jose Mourinho erkennen.
Der Matchplan ist klar:
Diawara soll in der Mittelfeldkette bleiben, auch wenn der gegnerische Sechser frei anspielbar ist.
Erst bei Zuspiel soll der ballnahe – i. d. F. Diawara – diesen pressen.
Das bedeutet, dass dieser einen weiten Pressingweg hat, welches zwar von Mourinho in Kauf genommen wird, weil es darum geht, dass der gegnerische Sechser keinen vertikalen Pass spielen kann – aber dennoch nicht ohne Risiko ist, wenn der Spieler nicht die nötige Physis, Dynamik und Intensität hat.
Diawara schafft es durch seine beschriebenen Attribute diese Wege aufzufangen.

Taktisches Verständnis

Die taktische Ausprägung ist bei Diawara vorhanden.
Er versteht die Forderungen des Trainers und kann diese erfüllen.
Im Beispiel:
Diawara läuft mit seinem Gegenspieler einige Meter mit, gewährt diesem damit keinen freien Raum.

Während der Gegner über die Außen ins Zentrum auflösen möchte, übergibt Diawara seinen eigentlichen Gegenspieler, weil Roma Innenverteidiger zu diesem im Halbraum durchschiebt.
Diawara hätte seinen Gegenspieler theoretisch weiter decken können, aber er erkennt, dass der seitliche IV Ibanez seinen Gegenspieler verlässt, weil er ins Halbfeld durchschieben möchte.

Diawara stärkt zusammen das Zentrum mit Smalling und sichert den Passweg zum Gegenspieler (in rot) in den Fuß ab.

Auch mit Ball lassen sich Dinge beobachten, die auf ein solides taktisches Verständnis deuten:
Ibanez dribbelt den Raum an, Diawara sichert diesen ab, auch weil sich dorthin ein Gegenspieler bewegte.

Die Roma verlor den Ball, sodass der Gegner mit einem ersten vertikalen Pass kontern wollte. Aus seiner Absicherung heraus, presst Diawara den Passempfänger, hindert ihn daran aufzudrehen und foult im Anschluss. Gegenpressing gelungen – Konter verpufft.

Statistischer Vergleich und Fazit

Daten im Durchschnitt pro 90 MinutenDiawaraNeuhausKoneKramerBenes
Erfolgreiche Defensivaktionen*8,89,511,314,46,6
Geführte Defensivduelle (gewonnen)7,3 (62,1%)5,6 (61,2%)7,6 (67,7%)10,9 (60,1%)6,3 (48%)
Geführte Kopfballduelle (gewonnen)0,6 (71,4%)1,1 (44,4%)2,3 (48,2%)2,6 (53,9%)3 (66,7%)
Tacklings0,30,911,30,8
Blocks [Torschüsse abgewehrt]0,330,20,120,30,25
PAdj Abfangen**5,87,377,83,8
Fouls1,80,81,31,31
Quelle: Wyscout; Zeitrahmen: aktuelle Saison 21/22

* Summe der gewonnenen defensiven Zweikämpfe, der abgefangenen Bälle und der Grätschen, normiert auf 90 Minuten

** Possession-adjusted (PAdj) ist eine Methode zur Berechnung von Defensivstatistiken unter Berücksichtigung der Ballbesitzwerte. (Mehr dazu hier)

Die Werte „schrecken“ zunächst ab, da Neuhaus in den Stats öfter Tacklings führt, mehr erfolgreiche Defensivaktionen und die bessere PAdj-Abfangquote hat.
Zu berücksichtigen sind dabei die jeweiligen Spielweisen beider Teams und vor allem der Ligen.
Zum Vergleich: Die Roma hat einen PPDA-Wert* von 11.03, während Gladbach mit 9.43 also 1.6 mal pro Spiel öfter presst.
*Eine von Colin Trainor 2014* eingeführte Kennzahl zur Quantifizierung der hohen Pressintensität.
Es werden nur Ereignisse in einer Teilmenge des Feldes (letzten 60 %), berücksichtigt.

Diawara agierte in seinen wenigen Spielen in Italien und im Nationalteam Guinea in tiefer-stehenden Mannschaften, als Borussia Mönchengladbach.
Während Adi Hütter viele Mann-gegen-Mann-Duelle führen lässt (machen sich in Defensivduellen und Tacklings besonders bemerkbar), verdichtet Roma die Räume und steht im Block tiefer (bemerkbar an Blocks).

Diawaras Spielstil lässt blicken, dass dieser ein dynamischer Sechser ist, der sich an taktische Muster des Trainers hält.
Die Frage: Kann Diawara auch anders, also den „Hütter-Stil“?
Der eben beschriebene Spielertyp mit Attributen verleitet dazu, diese Frage zu bejahen.
Allerdings hatte ich im Videoscouting Momente, die mir nicht zwingend das Gefühl gaben, dass Diawara der „klare Sechser“ ist.
Oft stellt der 24-Jährige den Gegner zu, statt ihn vollends zu pressen.
Gegenpressing-Momente, die er entweder nicht erkennt, oder die taktische Vorgabe des Trainers hat, sich in die defensive Formation fallen zu lassen. Das ist gerade in den Nationalspielen mit Guinea schwierig zu beantworten, da mir dort die taktischen Hintergründe fehlen.
Andererseits ist der Spielstil eines Sechsers in Italien ein deutlich anderer, siehe zum Beispiel Tonali, Locatelli, Barella.

Grundsätzlich traue ich Diawara definitiv die Rolle eines klaren Sechsers zu. Das Gesamtpaket in spielerisch-technischer Stärke, Spielmacherqualitäten, Pressingresistenz, Dynamik und Aggressivität gegen den Ball, machen ihn interessant.
Gerade in einem 5-2-3 gegen den Ball, welche in dieser Saison unter Hütter gespielt wird, kann ein Innenverteidiger (Bella-Kotchap?) Räume schließen.
Durch seine Gesamtsituation im Verein (nur 8 Pflichtspieleinsätze diese Saison) machen ihn neben dem Spielertypen, auch preislich spannend.

Diawara befindet sich derzeit unter dem Transfermarktradar von anderen Vereinen. Kann eine Chance für Borussia Mönchengladbach sein.



2 Antworten auf „Amadou Diawara – Der Sechser, den BMG sucht?“

Man merkt beim Lesen wie sehr uns ein klarer Sechser fehlt. Hört sich nach einem guten Transfer an. Hoffen wir mal, dass ihn unsere aktuelle Situation nicht abschreckt. Großartige Analyse von dir!

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