Das Interview von Adi Hütter bei Sky „Wontorra on Tour“, welches am 30.09.2019 geführt worden ist, zeigt den erfolgreichen Bundesliga-Coach als Trainer-Person auf und verdeutlicht, wie er über seinen Fußball denkt. Dabei erklärte Hütter, wie er seine Mannschaft von seinem Fußball überzeugt.
Hütter sieht sich auch als Spieler-Entwickler
Auf die Frage von Jörg Wontorra, ob man ein Team mittelfristig entwickeln kann, obwohl man jedes Jahr seine besten Spieler verliert (Anspielung auf Abgänge im Sommer 2019 von Jovic, Rebic & Haller), sagte Hütter, dass man mit Abgängen positiv umgehen muss. Dabei sieht er es als eine Herausforderung und nicht als negative Belastung an, neue Spieler zu integrieren. Adi Hütter findet es interessant aus Spielern „Stars“ zu machen, um denen den nächsten Karriereschritt zu ermöglichen.
Interview-Wortlaut:
„Mit Abgängen muss man positiv umgehen […]. Natürlich bin ich gerne ein Trainer, der was entwickeln möchte, auch mittelfristig. Ich bin aber auch einer, der dann die Herausforderung (eine neue Mannschaft aufzubauen) spannend findet. Ich sehe es nicht als Belastung an, sondern als eine Herausforderung, die neuen Jungs ins Team einzubauen.
Als ich nach Frankfurt kam (2018) haben ebenfalls Topspieler den Verein bereits verlassen, außerdem kehrten Nationalspieler sehr spät von der WM zurück. Dabei habe ich versucht eine neue Art und Weise in unser Spiel zu implantieren, eine andere als es bei Niko Kovac noch war. […]
Jetzt ist die Integration neuer Spieler einfacher, weil das Grundgerüst der Mannschaft steht und sie wissen, wie ich ticke.
Eintracht Frankfurt ist grundsätzlich ein Verein, der Stars entwickeln kann. Ich verweise gerne darauf zurück, dass wir in der Saison 18/19 Rebic, Haller und Jovic zu Stars gemacht haben, die dann den nächsten Schritt in der Karriere machen mussten. Solche Top-Spieler zu entwickeln finde ich interessant. “
Sein Fußballstil
Hütter beschreibt sich und seine fußballerische Entwicklung als Trainer, indem er beginnend beim SV Grödig auf reinen Ballbesitzfußball trainierte. Er war bedacht, dass sein Spiel schön aussah und präferierte dabei einen guten, kontinuierlichen Aufbau.
Nachdem Aufstieg in die 1. Liga mit dem SV Grödig, entstanden die ersten tiefgründigeren Gedanken im Spiel gegen den Ball. Dabei ließ er erste Pressingsituationen auf vorderster Linie ausüben.
Mit seinem Wechsel zu RB und Ralf Rangnick intensivierte er seine Gedanken um verschiedene Pressingsituationen und erlernte weitere elementare Dinge, was Trainingsübungen angingen.
Interview-Wortlaut:
„Ich bin seit 11 Jahren im Geschäft, früher war ich ein reiner Ballbesitz-Trainer, dem das Spiel mit dem Ball das Allerwichtigste war! Von hinten bis vorne musste das schön ausschauen und habe dabei einen guten, kontinuierlichen Aufbau präferiert.
Nachdem Aufstieg mit SV Grödig habe ich mich dann mehr mit dem Verhalten im Spiel gegen den Ball befasst und dabei an das Pressingverhalten gedacht. Dabei haben wir dann als Aufsteiger sehr mutig gespielt und sind vorne in erster Linie ´drauf gegangen´. Am Ende sind wir 3. geworden und ich bin nach der Saison bei RedBull und Ralf Rangnick als Roger Schmidt-Nachfolger gelandet.
Dabei habe ich dann weitere elementare Dinge erlernt, was Trainingsübungen angehen. Der Austausch mit Ralf Rangnick hat mich dazu gebracht mich noch mehr damit zu beschäftigen, wie ich meine Mannschaft sehen möchte, wenn der Gegner den Ball hat. Das bedeutet, wie bereitet man das Pressing vor? In welchen Räumen kann man pressen? Wann können wir ins Gegenpressing übergehen?
Heute bin ich eine Mischung aus dem Ballbesitzfußball und einem klaren Plan im Spiel gegen den Ball.
Es ist wichtig für einen Trainer, dass er einen Plan hat und diesen bestmöglich der Mannschaft vermitteln kann, damit diese den gewünschten Fußball spielen kann.
Grundsätzlich bin ich ein strategischer Trainer, der sich selten zu Bauchentscheidungen hinreißen lässt. Dabei geht es um Trainingslehre unter der Woche, um der Mannschaft inhaltlich das mitzugeben, was am Wochenende gefordert sein wird.“
Überzeugung und Ergebnisse wichtig für die Vermittlung seiner Spielidee
Auf die Frage, wie Adi Hütter es hinkriege, dass seine Spieler den Fußball annehmen, den er sich vorstellt, erklärte er so:
„Mit Niko Kovac hatte die Mannschaft vorher einen Trainer, der mit ihnen den Pokalsieg holte und dabei einen sehr starken Fokus auf die Defensive hatte.
Dann kommt ein Trainer wie ich, der in Österreich und der Schweiz gearbeitet hat und möchte jetzt alles verändern: Vorne drauf zu gehen und hinten ganz viel Raum zu lassen.
Man gewinnt Vertrauen, indem man am Wochenende punktet. Die Mannschaft hat, auch als die ersten Ergebnisse nicht stimmten, immer daran geglaubt, dass dieser Fußball der Richtige ist. Dabei sind wir stark auf die Analyse eingegangen und haben an einigen Dingen auf dem Trainingsplatz gearbeitet.
Das Wichtigste ist es, die Spieler zu überzeugen, dass dieser Fußball der Richtige ist.“
Hütter beschreibt sich als Kumpeltyp, gleichzeitig aber auch als harten Schleifer
Die Nähe zu den Spielern ist ihm wichtig. Er beschreibt seine Arbeit mit den Spielern so, dass er zunächst den Menschen hinter dem Spieler kennenlernen möchte. Auch um den bestmöglichen Zugang zu allen Spielern zu haben. Er kümmert sich auch um private Probleme der Spieler, möchte sich um Lösungen des Problems kümmern. Die Nähe zu den Spielern würden ihm helfen, diese Schwierigkeiten zu erkennen und den individuellen Spieler, mit seinen aktuellen Leistungen, fair bewerten zu können.
Auf dem Feld fordert der 51-Jährige hingegen immer 100% Professionalität.
Interview-Wortlaut:
„Grundsätzlich liebe ich das Nähe-Distanz-Verhältnis zu den Spielern. Die Spieler sollen immer spüren, dass der Trainer da ist, die Türe immer offen ist, auch wenn sie private Probleme haben. Bin dann eine Art Partner für meine Spieler, um dessen Probleme zu lösen.
Hinter jedem Spieler steckt ein Mensch und jeder Mensch ist anders. Deshalb muss man immer erst den Menschen kennen, der sich hinter dem Spieler versteckt. Das ist meine Arbeit. Wenn ich den Menschen besser kenne, dann weiß ich, wie ich mit ihm umgehen muss. Und wenn dann ein Spieler bspw. private Probleme hat und man weiß das als Trainer, dann kann man ihn und seine Leistungen in dem Moment, fair bewerten. Daher habe ich gerne die Nähe zu den Spielern, aber auf dem Platz fordere ich dann von jedem 100% Professionalität.“
Beim Thema „Zielsetzungen“ hat Adi Hütter klare Vorstellungen
„Wenn die Ziellinie jedes Jahr (deutet mit der Handfläche an, keine großen Ziele zu haben) niedrig gesetzt und dieses immer erreicht wird, sind natürlich alle zufrieden.
Man kann aber auch mal ein Ziel sehr hoch ansetzen, man muss nur aufpassen, dass dieses nicht unerreichbar ist.
Aber ich sage immer: Wenn man sich hohe Ziele setzt, statt niedrigere, und ich habe evtl. nur die Mitte der beiden Ziele erreicht, dann habe ich immer noch mehr erreicht, als das niedrigere Ziel.
Mit hohen Zielen steigt die Motivation der Spieler[…], daher bedeuten Zielsetzungen für mich sehr viel.“
Fazit:
Max Eberl hat mit Adi Hütter, ab dem 01.07.2021, einen Trainer installiert, der klare Vorstellungen in seiner Spielphilosophie hat. Er kann dabei streng und überzeugend wirken, um diese Idee auf dem Trainingsplatz bestmöglich zu trainieren. Gleichzeitig hat Gladbachs Geschäftsführer und Sportdirekter einen neuen Trainer, der sicherlich als „Menschenfänger“ zu bezeichnen ist.
Er sorgt und kümmert sich um seine Spieler und ist immer darauf bedacht, das Mannschaftsklima sauber und aufrecht zu erhalten, indem auch Spieler aus der 2. Reihe genug Zuneigung und Aufmerksamkeit vom Trainer bekommen.
Mit Eintracht Frankfurt erreichte der Österreicher in drei Bundesligajahren chronologisch den 7., 9., und 5. Tabellenplatz. Hütter erreichte dabei 1x das DFB-Pokal-Halbfinale, in der man gegen Bayern München ausgeschieden ist. In beiden Europa-League-Teilnahmen erreichte Adi Hütter jeweils die KO-Runde. In seiner ersten Saison ging die Reise sogar bis in Halbfinale, ehe man im Elfmeterschießen gegen den späteren Sieger (FC Chelsea) verlor. Wir dürfen gespannt sein, wie die Borussia sich ab dem kommenden Sommer entwickelt. Die Trainerposition ist zumindest sehr stark besetzt.
Der Link zum Interview auf YouTube: https://youtu.be/sW7mOSWeTUc